Wechsel an der CSU-Spitze: Ein bisschen Frieden

Wechsel an der CSU-Spitze: Ein bisschen Frieden
Horst Seehofer geht, Markus Söder übernimmt beide CSU-Ämter und testet einen neuen Kurs: Harmonie.

Bevor es losgeht, fällt erstmal kurz da das Licht aus. Markus Söder und seine Entourage hatten da gerade in den Gängen der Olympiahalle zusammengestanden, vielleicht, um noch ein paar Details zur Dramaturgie des Parteitags zu besprechenn, aber wer weiß das schon. Sekunden später geht das Licht wieder an und die Show los -  ganz ohne Blasmusikkapelle. Gemeinsam ziehen er und Horst Seehofer mit einem Tross an Sicherheitsleuchten und Funktionären in den Saal ein. Andreas Spreng, CSU-Urgestein aus Niederbayern, hält wie immer eines seiner selbst gebastelten Plakate hoch: „Danke Horst“. Seehofer lächelt ein wenig, doch das spitzbübische Grinsen sucht man vergeblich.

Klar, den heutigen Tag hat er sich nicht ausgesucht. Wäre es nach ihm gegangen, wäre er noch länger Parteichef geblieben. Doch er konnte nicht verhindern, dass nun sein ehemaliger Rivale Markus Söder auch dieses Amt übernehmen wird. Seit Jahren lieferten sie sich einen Machtkampf, auch weil Seehofer es verabsäumt hatte, einen geordneten Übergang zu organisieren. Und nach dem Clinch mit Merkel in puncto Asylpolitik, der Wahlniederlage vom Herbst schaffte es Söder, die Partei hinter sich zu versammeln, der Schuldige war ein anderer.

Seehofer: "Mein Werk ist getan"

Dazu will Seehofer heute nicht mehr viel sagen. Nur so viel: „Ich bin froh darüber, dass ich vieles hingenommen habe, geschluckt habe, nie darüber geredet habe.“ Lieber spricht er an diesem Samstag über sein Wirken ("Mein Werk ist getan"). Grobe Seitenhiebe bleiben aus. Trotz Wehmut und wohl manch innerem Groll, scheint Seehofer mit seinem Abgang in der CSU halbwegs abgeschlossen zu haben. Und seine Partei auch mit ihm. Während er da auf der Bühne redet, stehen sie  draußen für Wurst und Kaffee an, der Applaus ist kräftig, aber nicht herausragend.

Für Markus Söder gibt es hörbar mehr Sympathien, doch die von einigen Parteikollegen gesetzte Zielmarke von 90 Prozent bleibt aus. Der 52-Jährige wird mit 87,4 Prozent zum CSU-Chef gewählt. Das dürfte auch der Skepsis geschuldet sein, die ihm nach wie vor entgegenschlägt. Seine Wandlung vom bayerischen Raubein zum samtweichen Staatspolitiker nehmen ihm noch nicht alle ab.

"Kann er Team?"

Und da wären auch die zehn Prozent, die die CSU bei der Landtagswahl verloren hat. Geht es nach Söder, dann liegt die Schuld dafür in Berlin und München. Das vergangene Jahr war auch hart für ihn, erklärte er in seiner Rede und gab den Demütigen: "Ich habe viel gelernt, auch Fehler gemacht." All zu lange hält er sich dann aber nicht damit auf und bemüht erneut die Erzählung vom Wahlabend im Oktober. Kurz: Es hätte schlimmer kommen können. Und: Anderen Parteien gehe es noch schlechter. Eine intensivere Analyse der Fehler sollte an diesem Tag nicht mehr folgen.

Dass es Zweifel gibt, ob Söders Führungspersönlichkeit, ist ihm bewusst. "Kann er Team?", das fragen sich ja manche, räumt Söder ein und beantwortet die Frage gleich selbst mit "Ja". Nach dem krawalligen Kurs im Frühsommer, der sich auch gegen die Schwesterpartei richtete, und der nach hinten losging, testet Söder nun einen neuen Weg: Harmonie. Mit Blick auf die EU-Wahl 2019 wolle er mit der CDU einen Neuanfang starten – „gerade in Zeiten, in denen die Volksparteien herausgefordert sind“. Auch die CSU solle proeuropäisch werden, tönt nun selbiger Söder, der vor Monaten noch "das Ende des geordneten Multilateralismus" ausrief.

Seiner Amtskollegin Annegret Kramp-Karrenbauer, die er zum Parteitag lud, kommt die neue Linie jedenfalls entgegen. Sie versucht, nach dem aufreibenden Jahr 2018 ihre Partei ebenfalls zu einen, neu aufzustellen. Was sie und Söder noch verbindet: Sie sind jetzt Parteichefs, aber nicht im Kabinett der Bundesregierung vertreten und müssen sich gut absprechen, vor allem wenn es mit der neuen Harmonie auch über die Europawahl hinaus klappen sollte.

Eine kleine Frotzelei kann sich Horst Seehofer zum Abschied doch nicht verkneifen und wendet sich an Söder: „Am schwierigsten dürfte sein, dass du dich jetzt nur noch mit dir selbst koordinieren musst.“

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