Zu Besuch bei Merkel: Was Kurz in Berlin erwartet

Zu Besuch bei Merkel: Was Kurz in Berlin erwartet
Der Kanzler wird Merkel und Seehofer treffen, die sich derzeit wieder über die Asylpolitik streiten.

Diskoklänge, Selfies mit CSU-Delegierten und als Merkel ihre Beziehung zu Horst Seehofer noch mit dem Schlager-Titel „Marmor, Stein und Eisen bricht“ kommentierte, hatten sich alle wieder lieb – beim Parteitag der CSU im Dezember schien der alte Streit um Flüchtlingspolitik und Obergrenze in weiter Ferne. Als wäre nichts gewesen. Nun, sechs Monate und eine zähe Koalitionsverhandlung später, stehen die Zeichen wieder auf Konfrontation, bedrohen gar den Koalitionsfrieden. Was war geschehen?

Innenminister Horst Seehofer ( CSU) wollte heute eigentlich seinen lange angekündigten "Masterplan für Migration" präsentieren. Allerdings gibt es darin einen Punkt über den er und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) seit dem Wochenende diskutieren: Es geht um die Zurückweisung von Asylwerbern an der deutschen Grenzen in jene EU-Länder, wo sie zuerst in der sogenannten Eurodac-Datei registriert wurden - etwa nach Italien oder Griechenland. Merkel kann und will diesen Punkt nicht akzeptieren, da er reichlich Sprengkraft für die europapolitischen Beziehungen der Länder birgt. So warnte sie auch am Sonntag im ARD-Interview - mit Blick auf das schwierige Verhältnis zu den USA - vor "nationalen Alleingängen". Europa müsse "ein starker, in sich durch Loyalität verbundener Akteur" werden - oder es werde "zerrieben", lautete ihre offizielle Botschaft bei Talkerin Anne Will.

Unterstützung für Merkel?

Die Kanzlerin wird sich also von ihrem heutigen Besucher Unterstützung erhoffen. Immerhin hätte der CSU-Plan auch Folgen für Österreich: Sollte Deutschland verstärkt Asylsuchende an der Grenze abweisen, säßen sie an deutsch-österreichischen Grenze fest. Die Querelen um Kurz' öffentlicher Kritik an ihrer Politik oder dem Hin und Her wegen seinem Treffen mit dem umstrittenen US-Botschafter Richard Grenell (es wurde gestern aus Termingründen abgesagt) rücken also vorerst in den Hintergrund. So schlecht die Stimmung derzeit in der Union ist, so gut wäre der Zeitpunkt, um Kurz für Maßnahmen zu gewinnen, die sich nicht alleine auf den EU-Außengrenzschutz fokussieren. Aus Merkel-Sicht könnte sich er sich während der EU-Ratspräsidentschaft als Reformer beweisen, der die Pläne für ein Asylsystem mit einheitlichen Standards vorantreibt.

Pressekonferenz mit Seehofer

Wäre da nicht noch Horst Seehofer. Er wird sich ebenfalls mit Kurz treffen. Dass der 31-jährige Kanzler den Löwenbändiger gibt, ist stark zu bezweifeln. Gerade in der CSU verehren ihn viele, sehen ihn als Verbündeten für eine härtere Flüchtlingspolitik. Groß fiel damals das Lob für seine Regierung mit der FPÖ aus, die man in Merkel-Kreisen kritisch beobachtet. Bei der für morgen geplanten Pressekonferenz um 12 Uhr wird man sich jedenfalls einträchtig zeigen. Selbst wenn Kurz den Bayern-Plan nicht gut heißen könnte, so hat er dafür vielleicht mehr Verständnis als die Kanzlerin: Die CSU hat den Wahlkampf in Bayern vor Augen und will scheinbar allen bewiesen, wer die härtesten im Land sind. Seehofer und Söder werden letztlich am Wahlergebnis gemessen und die absolute Mehrheit liegt noch in weiter Ferne. Hier haben also einige viel zu verlieren.

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