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Was auf den neuen UNO-Generalsekretär Guterres zukommt

Antonio Guterres
Der Portugiese Guterres übernimmt das Amt am 1. Jänner von Ban Ki Moon.

Als Student verrichtete António Guterres einst Sozialarbeit in den Armenvierteln Lissabons. Der 67 Jahre alte frühere Ministerpräsident Portugals (1995-2002) ist seit jeher ein Humanist, aber auch ein Realist und ein „Macher“. An der Spitze der Vereinten Nationen will der gelernte Ingenieur aus dem Lissabonner Vorort Santos-o-Velho nun seine „ganze Erfahrung einsetzen“.

Als UNO-Flüchtlingskommissar musste Guterres zwischen 2005 und 2015 mit einer der schlimmsten Migrationskrisen fertig werden. Dabei stellte er häufig die Unfähigkeit der Europäischen Union (EU) unumwunden an den Pranger.

Der zweifache Familienvater, der neben Portugiesisch auch noch Englisch, Spanisch und Französisch spricht, will „machen“, dabei aber keine Utopien versprechen. „Wenn man nicht an Größenwahn leidet, weiß man, dass man nicht versuchen kann, die Menschheit sozusagen zu retten. Ich will die Menschheit nicht retten, ich will aber all das machen, was in meiner Macht steht, um Verbesserungen zu erreichen.“

Was auf ihn zukommt

Auf den kommenden UNO-Generalsekretär warten einige Herausforderungen, sowohl was internationale Krisenherde betrifft als auch UN-interne Probleme.

Migration: Die Flüchtlingskrise in Europa hat sich nur scheinbar etwas beruhigt. Wegen des Kriegs in Syrien und der vielen Krisen Afrikas richtet sich die EU darauf ein, dass weiter Hunderttausende kommen wollen. EU-Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Ländern sollen dies bremsen. Zugleich will die EU ihre Außengrenzen stärker schützen. Soweit sind sich die (noch) 28 Mitgliedstaaten einig. Doch sie streiten weiter über die große Linie der Asylpolitik und die Verteilung der Menschen. Und ein großes Fragezeichen steht hinter dem Flüchtlingspakt mit der Türkei: Macht Ankara - wie angedroht - die Grenzen nach Europa wieder auf? Die EU sucht immer noch ihren Plan B.

Syrien gleicht nach fünf Jahren Bürgerkrieg weiter einem tödlichen Inferno. Mit mehr als 300.000 Toten, fünf Millionen Flüchtlingen und acht Millionen Vertriebenen im eigenen Land zählt der Krieg zu den schlimmsten Konflikten der vergangenen Jahrzehnte. Die Lage am Boden ist äußerst verworren, die Weltdiplomatie scheint am Ende. Der scheidende UN-Chef Ban hat das UN-Versagen im Syrien-Krieg als die größte Enttäuschung seiner Amtszeit bezeichnet.

USA: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg ist die internationale Einbettung der Supermacht nicht mehr gesetzt. Wird Donald Trump das Land wirklich vorwiegend auf sich selbst zurückziehen, würden große Spielräume für Russland und China frei werden. Mögliche Konsequenzen für Deutschland: die Nahost-Flüchtlingsfrage, die schwelende Ukraine-Krise, ein womöglich noch aggressiver auftretendes Russland etwa im nahen Baltikum, ein größerer NATO-Beitrag und Forderungen nach einer stärkeren Führungsrolle Berlins. Eine grundlegende Neudefinition des transatlantisches Verhältnis steht im Raum.

Im Konfliktgebiet Ostukraine unterscheidet sich die militärische Lage zum Jahresende 2016 unwesentlich von der Situation im Vorjahr. Sowohl prorussische Separatisten als auch die Regierungstruppen missachten den Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge die Waffenruhe. Schätzungen zufolge starben in dem Krieg schon etwa 10.000 Menschen. Neuere Vereinbarungen - wie der Abzug schwerer Waffen oder die Verbesserung der humanitären Situation der Zivilbevölkerung in den abtrünnigen Gebieten - harren ihrer Umsetzung. Initiativen wie die Entflechtung der Konfliktparteien mit einem Sicherheitsabstand von etwa zwei Kilometern sind ins Stocken geraten. Wesentliche Fortschritte sind 2017 unwahrscheinlich.

Brexit: Spätestens Ende März will die britische Regierung die förmliche Austrittserklärung nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrags an Brüssel schicken. Der Artikel regelt den Austritt eines Landes aus der EU. Danach tickt die Uhr. Zwei Jahre sind für die Verhandlungen vorgesehen. Viel zu wenig, um die komplexen Frage zu klären, die sich für das künftige Verhältnis zwischen London und den 27 verbleibenden EU-Staaten stellen. Daher wird bereits über ein vorläufiges Abkommen spekuliert. Doch noch scheint die britische Regierung uneins zu sein, was sie bei den Verhandlungen erreichen will. Zugang zum Binnenmarkt oder Kontrolle über ihre Grenzen? Beides, so scheint es, werden die Briten nicht bekommen. Dazu gibt es noch rechtliche Hürden, die den Beginn der Austrittsverhandlung erheblich verzögern könnten.

Blauhelmsoldaten müssen nach wiederholten Vorwürfen sexuellen Missbrauchs, unter anderem in Haiti und der Zentralafrikanischen Republik, verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Sie und andere Mitarbeiter von UN-Missionen sollen allein 2015 Opfer in insgesamt 69 Fällen sexuell missbraucht haben, die meisten davon in Zentralafrika. Im Kongo soll es zudem Fälle von Prostitution und sogar Anträge auf Anerkennung von Vaterschaften gegeben haben.

Der Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern bleibt in Konfliktgebieten weiter ein Problem. Trotz der Berichte über Angriffe auf Krankenhäuser und Hilfskonvois in Syrien, Afghanistan, Libyen, im Südsudan, im Jemen, in der Zentralafrikanischen Republik sowie im Kongo sind die UN passende Antworten auf solche Attacken schuldig geblieben.

Die Refrom des UNO-Sicherheistrats, der mit seinen fünf Veto-Mächten immer noch die Weltordnung vom Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 abbildet, scheint überfällig. Seit Jahren ist eine Erweiterung auf mehr Mitglieder im Gespräch. Als neue ständige Mitglieder werden vor allem Deutschland, Brasilien, Indien und Japan gehandelt.

Bei Klimaschutz und Gleichberechtigung von Frauen hat der scheidende UN-Chef Ban bereits viel erreicht, beispielsweise mit dem Pariser Klimaabkommen. Das Geschaffte wird der neue UN-Chef Guterres allerdings gegen entgegengesetzte Bestrebungen beispielsweise vom nächsten US-Präsidenten Donald Trump verteidigen müssen.

Im Wahlkampf hatte Nikki Haley den designierten US-Präsidenten Donald Trump mehrfach offen kritisiert. Dann erklärte sie schließlich, ihn doch wählen zu wollen, obwohl sie "kein Fan" sei. Dann wurde sie Trumps erste Frau in einem Spitzenamt: Haley wird neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, sofern der Senat die Personalie bestätigt.

"Sie wird uns als großartige Anführerin auf der Weltbühne vertreten", hatte Trump das kommentiert. Haley wäre dann Nachfolgerin der derzeit amtierenden UN-Botschafterin Samantha Power, die als Kämpferin für Menschenrechte gilt.

Was auf den neuen UNO-Generalsekretär Guterres zukommt
FILE PHOTO - South Carolina Governor Nikki Haley speaks at the National Press Club in Washington, U.S. September 2, 2015. REUTERS/Kevin Lamarque/File Photo TPX IMAGES OF THE DAY

Derzeit ist die Republikanerin nach einer steilen Karriere in South Carolina Gouverneurin des Südstaats. Diplomatische Vorkenntnisse bringt die 44-Jährige aber kaum mit. Die Tochter indischer Einwanderer hat als Gouverneurin zwar mehrere Handelsdelegationen angeführt, um etwa Wirtschaftsbeziehungen South Carolinas mit Unternehmen in Indien, Japan oder Deutschland zu verbessern. Ansonsten besitzt die zweifache Mutter jedoch kaum außenpolitische Erfahrung und hatte auch keinen Posten auf Bundesebene inne. Haley habe Deals ausgehandelt, sagte Trump, "und wir wollen viele Deals machen".

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