Laden, entsichern, zielen. „Zum Spaß sind wir hier, aber auch wegen der Situation in der Ukraine“, meinen beide. „Nach der Invasion war es hier für einen Monat ausgebucht. Jetzt ist es etwas entspannter. Aber es ist klar, die Menschen haben Angst“, so ein weiterer Schießlehrer.
„Instruktor“ Zbiora war bei einer Spezialeinheit der Polizei, er trägt eine Pistole am Holster, einer der wenigen in Polen, die eine Waffe zur Selbstverteidigung führen dürfen. Denn an der Weichsel sind die Bedingungen ähnlich streng wie für den Waffenpass in Österreich.
Die nationalkonservative Regierung fördert das Schießen, aber in den von ihr geregelten Bahnen. Etwa bei den „Territorialkräften“, einer Art Freiwilligenarmee. Eine Brigade bei Warschau meldet seit Kriegsbeginn siebenfach mehr Interessenten. Die Wehrpflicht wurde 2009 zwar abgeschafft, nun drängt das Verteidigungsministerium auf ein obligatorisches Üben mit dem Gewehr auf der Oberschule.
Wer das Schießen intensiv üben will, fährt zum Schießplatz Marynino 30 Kilometer nördlich von Warschau. Schon aus vierhundert Meter Entfernung bellen die Schüsse. Am Parkplatz stehen Mittelklasse-Autos, einige Pick-up-Trucks, dazu ein selbst gebastelter Minitiaturpanzer.Ehemalige Elitesoldaten unterrichten hier. Auf einem der kleineren Schießplätze üben fünf Kunden. Lukasz, aktiver Soldat, korrigiert die Körperhaltung seiner Schützlinge, sie halten das amerikanische Sturmgewehr AR-15 in Händen. Zum ersten Mal, wie die Männer zwischen 30 und 50 Jahren gestehen.
Grzegorz, 36 Jahre alt und Familienvater, übt definitiv des Krieges wegen und er will wieder kommen. Auch Pawla, vom Ausbilder gelobt, hat das gleiche Motiv.
Dann lernen sie das Schießen gegen Personen. Zwei Papiergegner werden hintereinander von den Kugeln durchlöchert. Auch von „Neutralisieren“ war die Rede. In Afghanistan sei er dreimal gewesen so der Ausbilder, der sein Gesicht nicht zeigen will; wie auch Marcin nicht, der pensionierte Veteran. Er leitet mit ruhiger Stimme den Pistolenkurs – eine Waffe, die anspruchsvoller als das Gewehr sei. Aber es sei zu erlernen wie das Radfahren.
Amerikanische Verhältnisse, was das Waffengesetz betreffe, wolle hier niemand, erfährt der Autor dieser Zeilen beim Gespräch mit den Ausbildern, doch die Situation in der Ukraine legitimiere ihre Arbeit.
Zum Abschluss des Tages gönnen sich Krzysztof, ein ehemaliger Oberst, und Artur, beide um die 50, eine Zigarillo neben der Büro-Baracke. Aus Litauen sei für den nächsten Tag eine große Gruppe angemeldet und viele Ukrainer trainierten hier, seit der Invasion, so die Mitarbeiter des Schießgeländes.
Die Menschen im Westen sollten mehr auf das hören, was die Menschen im Osten erlebt haben, sagt Artur und verweis auf seinen Opa, der in einem sowjetischen Lager war. Dieser habe die Russen immer nur mit einem Schimpfwort bedacht, das hier nicht übersetzt werden soll. Krzysztof, der pensionierte Offizier greift ein: „Verstehen Sie uns nicht falsch, wir haben nichts gegen die Russen, wir kennen sie einfach nur.“
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