Wahlen in Italien: Meloni spaltet die Italienerinnen
Es war wieder ein Erfolg für Giorgia Meloni in dem adriatischen Badeort Rimini. Hier findet alljährlich das wichtigste Debattenforum statt, organisiert von Katholiken. Geladen werden hochkarätige Podiumsgäste – zu denen diesmal auch Premier Mario Draghi gehörte –, die über gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen diskutieren. In der Politikerrunde, die Dienstagvormittag über die zukünftige Regierung diskutierte, erntete Meloni den größten Applaus.
Auch das ein Indiz dafür, dass sie es schaffen könnte, nach den Wahlen am 25. September mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. Eine Frau an der Spitze der Regierung – das wäre für Italien ein absolutes Novum. Wobei Meloni schon jetzt als einzige Frau an der Spitze einer Partei eine Ausnahme ist.
Eine Regierungschefin wird von manchen als eine einmalige Chance gesehen, weswegen eine Gruppe von Frauen einen Appell zur Einigkeit unterschrieben hat. Im Text heißt es: „Schließen wir uns zusammen, gleich welchem politischen Lager wir auch angehören, denn das, was für eine Frau gut ist, ist auch gut für ihre Kinder und für alle“.
Eine Sichtweise, die jedoch nicht von allen geteilt wird. Frau ist nicht gleich Frau liest man zwischen den Zeilen mancher Kommentare aus dem Mitte-Links-Lager.
"Brüder Italiens"
In der Tageszeitung La Repubblica schreibt Natalia Aspesi: „Ich denke nicht, dass die Tatsache, eine Frau zu sein, wichtiger ist, als ihre politische Vision.“ Zwar habe sie größten Respekt vor Melonis Aufstieg: „Nie und nimmer könnte ich jedoch etwas mit ihr zu tun haben.“
Aspesi weist auf das Programm der Rechts-Mitte-Koalition hin, in dem das Wort Frau nur einmal vorkommt. Und weiter auf den Namen der Partei, Fratelli d’Italia, Brüder Italiens, – „von Schwestern keine Spur“.
Linke in Männerhand
Die Debatte trifft einen wunden Punkt im Mitte-Links-Lager. Denn obwohl man die Feministinnen dieser politischen Seite zuzuordnen pflegt, werden bei der Linken alle Parteien von Männern geführt.
„Was ich an dieser Debatte verwerflich finde, ist der Ton“ sagt die Mailänder Anwältin Daniela Missaglia dem KURIER. Sie ist auf Familienrecht spezialisiert und, wie sie hinzufügt, „absolut apolitisch, weil ich von der Politik angewidert bin“.
Doch: Nur weil Meloni (45) rechts stehe, könne man doch nicht in Frage stellen, dass sie eine Frau ist“, sagt Missaglia, „in einem Kommentar wurde sogar die abstruse Unterscheidung zwischen biologischer und politischer Frau gemacht.“
Abtreibungsverweigerer
Generell steigt aber die Befürchtung, dass mit einer Rechts-Mitte-Regierung etwa die Abtreibungsregelung verschärft werden könnte. Vor allem Frauen in der zentralitalienischen Region Marken sind alarmiert, denn dort lag schon bisher die Zahl der Abtreibungsverweigerer unter den Ärzten bei mehr als 70 Prozent. Besorgt sind auch die LGBTQI-Gemeinschaften.
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