Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Bericht persönlich in Auftrag gegeben. Er soll den Bauplan für die grundlegende Reform der EU-Wirtschafts und Finanzpolitik liefern – und damit die großen Leitlinien für die zweite Amtszeit Von der Leyens vorgeben. Schließlich har die schon vor ihrem Wahlsieg bei den EU-Wahlen im Frühjahr klar gemacht, dass es in ihren nächsten fünf Jahren vor allem um eines gehen soll: Europas schwächelnde Wirtschaft muss für den globalen Wettbewerb fit gemacht werden. Gegen ein China, das mit seiner Überproduktion, etwa an E-Autos, oder Solarzellen die Weltmärkte überrollt, oder eine USA, die mit Billionen an Wirtschaftsförderung und niedrigen Energiekosten Unternehmen und Investitionen aus Europa abziehen.
Keine konrekten Pläne
Von Draghi wird also erwartet, dass er möglichst konkrete Handlungsvorgaben für den Umbau der wichtigsten wirtschaftlichen Krisenschauplätze liefert. Das reicht von der von den Unternehmen ständig beklagten Regulierungswut der EU bis zum immer noch nicht fertig ausgebauten europäischen Kapitalmarkt, der Investitionen, Kreditvergaben und Finanzierungsmodelle auf einem eigentlich gemeinsamen europäischen Markt zur mühsamen Flickarbeit macht.
Doch der Italiener blieb bei seinen Ausführungen vorerst einmal dabei, ausführlich diese und andere ohnehin bekannten Probleme zu erörtern. Bei den Antworten beschränkte er sich auf sehr allgemeine Überlegungen und blieb genau die Pläne schuldig, auf die die EU-Führung so ungeduldig wartet. Selbst Parteikollegen der Kommissionspräsidentin wie etwa Manfred Weber, mächtiger Fraktionschef der Europäischen Volkspartei EVP, sprachen nachher von „ziemlichen vagen“ Überlegungen.
Doch „solche vagen Überlegungen hat Von der Leyen schon reichlich in ihren Akten. Schließlich gab es schon im Juni einen ähnlichen Bericht zum Thema Wirtschaftsreformen, für den ebenfalls ein Italiener verantwortlich war: Enrico Letta, Ex-Ministerpräsident in Rom. Auch der aber lieferte neben ominösen Warnungen - „ich sehe einen großen roten Alarm“ - wenig Konkretes.
Doch die Zeit drängt, im nächsten Jahr muss die EU grundlegende Weichen stellen: Nicht nur in der Wirtschafts- auch in der Agrarpolitik. Mit allgemein gehaltenen Phrasen lassen sich die sehr konkreten Probleme nicht überwinden. Die Hoffnung vieler in Brüssel daher: Am Montag liefert Draghi die handfesten Pläne zu den Gemeinplätzen nach.
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