USA

Von der Farce zum Faktum: Donald Trump ist nominiert

Donald Trump war am zweiten Tag der Convention aus New York zugeschaltet
Donald Trump ist offiziell der nominierte Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei.

Was im Sommer 2015 für viele als Farce begann, was von niemandem über Monate für möglich gehalten wurde, ist nun Fakt. Es ist 19.12 Uhr Ortszeit, als Donald Trump Junior beim Parteitag der Republikaner in Cleveland stolz und würdevoll die Stimmen New Yorks verkündet. Es sind die letzten, die seinem Vater rechnerisch fehlen. Eine dichte Traube umlagert die Delegierten aus Trumps Heimatstaat, seine Familie in der ersten Reihe, die Rücken ganz durchgedrückt und glänzend vor Stolz. Ohrenbetäubender Jubel setzt ein, dazu Frank Sinatras "New York, New York", der riesige Videowürfel blendet ein orange leuchtendes Feuerwerk ein und ein gewaltiges "Über die Hürde!". Die Geschwister Trump liegen sich in den Armen.

Von der Farce zum Faktum: Donald Trump ist nominiert
Donald Trump's children (L-R): Donald Trump Jr., Ivanka Trump, Eric Trump, Eric Trump's wife Lara Yunaska and Tiffany Trump (R), celebrate after announcing the votes of the New York delegation to put their father over the top to win the Republican presidential nomination during the second day of the Republican National Convention in Cleveland, Ohio, U.S. July 19, 2016. REUTERS/Brian Snyder TPX IMAGES OF THE DAY
Hier wurde gerade Geschichte geschrieben. Kurz wallen am Abend nochmals Gerüchte über eine Anti-Trump-Revolte durch die Halle. Sie bleibt aus. Aus europäischer Sicht ist es ein bisschen wie bei der Punktevergabe beim Eurovision Song Contest, Staat für Staat tritt gewichtig auf, verkündet lautstark die Zahl seiner Delegierten.

Ein Rückblick

Als einer von 17 Kandidaten reckt Trump im Juni 2015 sein Kinn in den aufziehenden Vorwahlkampf, er kandidiert. Sein erster Auftritt wird den Ton setzen für volle 13 Monate: Mexikaner seien Vergewaltiger, Einwanderung von Übel, Amerika sei bedroht, klein gemacht, dem Abgrund nahe. Er erntet Kopfschütteln, bestenfalls Belustigung, das werde sich schon wieder geben.

Es gab sich aber nicht. Was sich bis zu Trumps Nominierung hier in Cleveland entwickelte, war der wohl ungewöhnlichste Vorwahlkampf der US-Geschichte. Bei bald 20 Fernsehdebatten und ungezählten anderen Gelegenheiten zieht Trump über seine Mitbewerber her, beleidigt, verspottet, zieht verbal gegen beinahe alles und jeden zu Felde. Nichts kann ihm schaden. Er gilt als unabhängig, von gerechtem Zorn gegen "die" in Washington getrieben, als einer, der endlich mal aufräumen wird, als starker Mann. Klassische Medien braucht Trump nicht, von denen liegen ihm aber viele trotzdem zu Füßen, Trump bringt Quote ohne Ende. Der Bauunternehmer errichtet derweil seine ganz eigenen Gebäude auf Twitter. Wen er ungehörig findet, wird mit Entzug der Akkreditierung bestraft.

Die Wahrheit bleibt auf der Strecke

So präsent war ein Kandidat noch nie, jeden Tag gibt es ihn in der Dauerschleife, oft unhinterfragt. Die Wahrheit bleibt auf der Strecke. Trump zerlegt das Interview in klassischer Form, behauptet einfach immer weiter, was er will, auch wenn das erwiesenermaßen nicht stimmt. Noch nie haben US-Medien so viele Aussagen so vielen Faktenchecks unterzogen, aber das spielte überhaupt keine Rolle. Überwiegend von Weißen aus der Mittelschicht unterstützt, weitet er sein Elektorat aus.

Fragt man Delegierte in Cleveland, ähneln sich die Antworten. "Er spricht für eine Menge Amerikaner das aus, was die Eliten vergessen haben", sagt James Higgins. "Sie dachten, sie würden Politik ohne die Leute machen können. Es stellt sich heraus: Sie können es nicht."

"Ich weiß von meinen Diskussionen mit den Wählern, dass sie etwas radikal Anderes wollen", sagt der Delegierte Nick Langworthy der dpa. "Trump hat eine Bewegung entfacht!" ruft Abgeordneter Chris Collins. Es gibt auch Skeptiker hier unten, aber nicht sehr viele. Dabei hätte es die Republikaner über der Trump-Frage fast zerlegt, und es ist noch nicht ausgemacht, dass das nicht noch passieren wird.

Viele Republikaner wandten sich ab

Die Republikaner wird es so, wie sie bisher waren, nicht mehr geben. Zu groß ist der Riss, zu groß auch die Einsicht, dass es neue Wege geben muss. "Das ist die republikanische Partei, nicht die konservative Partei", hat Trump wiederholt gesagt. Und gemeint: Das Establishment der Partei muss weg, hört wieder den einfachen Leuten zu, nehmt ihre Sorgen wahr. Nun legt sich ihm die Partei gleichsam zu Füßen, das ist ein sehr großer Schritt. Überwölbt und durchwoben hat Trump das alles mit Demagogie, dem Schüren von Ängsten und Hass, Beleidigungen und nacktem Populismus. Viele aufrechte Republikaner wandten sich ratlos ab, aber eine richtige Anti-Trump-Bewegung gab es nie. Noch als Trump seinen Siegeszug durch die Vorwahlen beginnt und in einer gewaltigen Energieleistung Staat um Staat holt, kann sich die "Grand Old Party" nicht auf einen Gegenkandidaten einigen.

Noch nie waren Spitzenkandidaten so unbeliebt

Trump muss die Nominierung nun noch annehmen, aber das dürfte am Donnerstag Formsache sein. Am Parteitag in Cleveland wurden 1.725 Delegierte für Trump gezählt, 475 für Texas' Senator Ted Cruz, 120 für Ohios Gouverneur John Kasich, 114 für Floridas Senator Marco Rubio, 7 für den früheren Kinderchirurgen Ben Carson, 3 für Floridas Ex-Gouverneur Jeb Bush und 2 für Kentuckys Senator Rand Paul. Letzte Umfragen sehen Trump knapp hinter Hillary Clinton. Noch nie waren die beiden Spitzenkandidaten der großen Parteien so unbeliebt. Es ist ein staunend machendes Rennen, vollkommen offen. Und bei aller Kritik an Art und Inhalten Donald Trumps: All das entfaltet sich 2016 nach den Regeln der Demokratie.

Michael "Mike" Pence ist vom Parteikonvent der Republikaner offiziell als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten nominiert worden. Der amtierende Gouverneur von Indiana wurde per Akklamation bestätigt. Pence muss seine Nominierung formal noch annehmen, das wird er voraussichtlich am Mittwochabend (Ortszeit) tun. Pence (57) gilt als sehr konservativ. Er soll Donald Trump helfen, Stimmen der Sozialkonservativen und der Evangelikalen zu sichern.

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