Brisanter EU-Entscheid: Aus für Veggie-Burger und Gemüse-Schnitzel

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Künftig sollen nur mehr tierische Produkte den Namen tragen dürfen. Österreichs EU-Abgeordnete sind skeptisch.

Ein "Veggie-Burger" oder ein "Gemüse-Schnitzel" kann in Europa nach dem Willen des EU-Parlaments bald nicht mehr bestellt oder gekauft werden: Die EU-Abgeordneten haben am Mittwoch in Straßburg dafür gestimmt, dass Bezeichnungen wie Wurst oder Schnitzel nur mehr für Produkte erlaubt sein sollen, die Fleisch enthalten. Zudem nahmen sie vereinfachte EU-Agrarvorschriften und Maßnahmen zur Stärkung der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette an.

Die vorgeschlagenen Änderungen der aktuellen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sollen eine Reaktion auf die Herausforderungen sein, mit denen sich Europas Landwirtinnen und Landwirte seit einigen Jahren verstärkt konfrontiert sehen. Sie sollen etwa weniger Verwaltungsaufwand, vor allem für Kleinbauern, bringen und die Position der Landwirte auf den globalen Märkten und im Wettbewerb stärken. In der mit 492 Stimmen angenommenen Verhandlungsposition zur Vereinfachung der GAP (111 Gegenstimmen und 39 Enthaltungen) fordern die Abgeordneten etwa mehr Flexibilität bei der Einhaltung der Umweltvorschriften.

Die Abgeordneten fordern weiters mehr Klarheit bei der Verwendung der Begriffe "fair" oder "gerecht" für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Kriterien für eine entsprechende Kennzeichnung sollen auch den Beitrag der Produkte zur Entwicklung ländlicher Gemeinschaften sowie zur Förderung des Aufbaus von landwirtschaftlichen Organisationen berücksichtigen, so die mit 532 Stimmen bei 78 Gegenstimmen und 25 Enthaltungen angenommene Position zum Vorschlag der Marktposition. Nach dem Festlegen der Positionen des Parlaments starten nun die Verhandlungen mit den anderen EU-Institutionen, an deren Ende die Gesetze beschlossen werden.

Zwei Änderungsanträge zu Veggieprodukten

Zwei Änderungsanträge zum Vorschlag zur Marktposition betrafen die Veggieprodukte. Laut dem angenommenen Änderungsantrag sollen die Bezeichnungen "Steak, Schnitzel, Wurst, Frikadellen, Hamburger, Eigelb, Eiweiß" ausschließlich für Produkte mit tierischen Bestandteilen verwendet werden dürfen. Der Antrag wurde von der EVP-Abgeordneten und Berichterstatterin Céline Imart eingebracht und vom Agrarausschuss angenommen. Ein weiterer Antrag wurde von der liberalen Fraktion eingebracht, und wollte nur Bezeichnungen wie "Veggie-Huhn" verbieten, die dezidiert Fleischprodukte im Namen haben. Dieser fand keine Mehrheit.

Österreichische EU-Abgeordnete skeptisch zu Verbot

Die österreichischen EU-Abgeordneten äußerten sich im Vorfeld skeptisch zu den Verboten: "Politiker im Parlament misstrauen der Intelligenz der Verbraucher", so der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz, Schattenberichterstatter für die vereinfachten Agrarvorschriften, in einem Pressegespräch. "Verbraucher wissen, dass ein veganer Burger kein Fleisch enthält." Er vermutet hinter den Vorschlägen Versuche, "die Menge an Fleisch und Milchprodukten, die wir produzieren, aufrechtzuerhalten". Das Ziel sollte seiner Meinung nach aber eine Reduzierung sein.

Das Problem sei nicht der "Veggie-Burger", das Problem sei eine Vermischung mit tierischen Begriffen wie "Veggie Chicken Nugget", sagte der EU-Parlamentarier und ÖVP-EU-Agrarsprecher Alexander Bernhuber. Ein klares Nein erteilt er dem "Veggie-Schwein", und erklärt seine Unterstützung für den liberalen Vorschlag. Der Landwirt betont, dass es bei den abgestimmten Texten um die Stärkung der Landwirte gehe, hin zu einer faireren Produktion.

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder erklärte im Vorfeld, er werde dem Verbot nicht zustimmen. Scheuermilch sei auch nicht Milch von der Kuh, meint er. Der Sozialdemokrat sieht die ganze Initiative skeptisch: Die Menschen würden sich mit den hohen Lebenshaltungskosten beschäftigen, und "wir beschäftigen uns mit der Frage, wie der Veggie-Burger heißen darf". Die Menschen würden das als "abgehoben" empfinden, ist er überzeugt. NEOS-EU-Mandatarin Anna Stürgkh sieht eine "absolut unnötige Überregulierung": "Wenn ich Hot Dogs kaufe, weiß ich, dass da kein Hund drin ist." Vegetarische Produkte seien immer gekennzeichnet.

Kritik am Abstimmungsergebnis

"Diese Entscheidung geht mir ehrlich gesagt etwas zu weit. Begriffe wie Wurst oder Burger beschreiben in erster Linie die Verarbeitungsform eines Produkts und müssen nicht zwingend tierischen Ursprungs sein. Ich denke, hier können Konsumentinnen und Konsumenten sehr wohl unterscheiden, ob es sich um eine Veggie-Wurst oder eine klassische Frankfurter handelt", so Bernhuber nach der Abstimmung. Positiv hervorzuheben sei, dass erstmals klar festgelegt wurde, dass klassische Fleischbezeichnungen nicht mehr im Zusammenhang mit Erzeugnissen verwendet werden dürfen, die im Labor aus Zellkulturen gewonnen werden.

SPÖ-EU-Abgeordneter Günther Sidl verurteilt die Entscheidung und kritisiert die Europäische Volkspartei scharf für ihr Ablenkungsmanöver: "Das Vorhaben, Begriffe wie ,Veggie-Burger', oder ,Veggie-Wurst' zu verbieten, ist nicht mehr als eine Scheindebatte. Das Argument, Verbraucher:innen könnten durch solche Bezeichnungen verwirrt werden, ist nichts anderes als ein fadenscheiniger Vorwand. Es gibt längst klare Vorgaben, die sicherstellen, dass pflanzliche Produkte eindeutig als solche gekennzeichnet sind." Was jedoch bis heute fehle, sei eine verpflichtende Kennzeichnung tierischer Produkte nach Haltungsform und Herkunft.

Auch Waitz kritisiert das Ergebnis der Abstimmung: "Die Europäische Volkspartei scheint einen absoluten Fleisch-Fetisch zu haben und zeigt deutlich, wer die echte Verbotspartei ist. Überall deregulieren sie mit dem Bulldozer, aber hier wollen sie auf einmal Bürger*innen bevormunden und für dumm verkaufen. Veggie-Burger, Seitan-Schnitzel und Tofuwurst verwirren Konsument*innen nicht. Das Ablenkungsmanöver ist erbärmlich. Als nächstes wollen sie noch das Thunfisch-Steak, Hackschnitzel oder gar Katzenzungen verbieten. Kein Landwirt wird wegen des Verbots mehr Geld verdienen und seine Zukunft absichern können."

"Das Abstimmungsergebnis macht uns wirklich fassungslos. Eine völlig zukunftsvergessene europäische Agrarlobby, unterstützt von Österreichs Landwirtschaftsminister Totschnig, hat sich also durchgesetzt - mit fatalen Folgen für Tiere, Umwelt, die menschliche Gesundheit und auch die Wirtschaft. Anstatt endlich die dringend notwendigen Maßnahmen für eine Reduktion des Fleischkonsums in die Wege zu leiten, setzt die EU auf Schikanen für Konsument:innen und jene Nahrungsmittelhersteller, die auf tier- und umweltfreundliche Alternativen zu tierischen Produkten setzen", sagt VIER PFOTEN Österreich Kampagnenleiterin, Veronika

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