EU-Agrarminister: Mehr Pflanzenschutzmittel, keine Veggie-Burger

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) wird beim Rat der EU-Agrarministerinnen und -minister am Dienstag in Luxemburg gemeinsam mit neun anderen Staaten "ein europäisches Zukunftskonzept für effektiven Pflanzenschutz für die konventionelle und die biologische Landwirtschaft" fordern. Immer mehr Bäuerinnen und Bauern klagten, "dass ihnen die notwendigen Mittel im Bereich des Pflanzenschutzes fehlen", sagte Totschnig vor Beginn der Sitzung.
Es gehe um "Produkte wie Kirschen, Rettich, Radieschen, Karfiol, bis hin zu Ackerfrüchten wie Raps oder Zuckerrüben". Aufgrund der "strengen EU-Gesetzgebung" sei in den vergangenen zehn Jahren die Anzahl der verfügbaren Wirkstoffe um 20 Prozent gesunken. "Seit 2019 gibt es keine neue Zulassung mehr", klagte Totschnig, der gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Kroatien, Tschechien, Estland, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Portugal und der Slowakei die Kommission auffordern will, "dringend Schritte zu setzen, um die Lebensmittelversorgungssicherheit durch die Verfügbarkeit von ausreichenden Pflanzenschutzmitteln in der Europäischen Union zu gewährleisten".
Drittstaaten bei Agrarimporten in der Pflicht
Die "langfristige Absicherung der europäischen Lebensmittelversorgung und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittstaaten" soll auch dadurch gewährleistet werden, "dass unsere hohen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards ausnahmslos auch für importierte Agrarprodukte gelten müssen". Hier sei eine abgestimmten Strategie auf EU-Ebene dringend nötig, betonte dazu auch Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) in einer Aussendung. "Strengere Regeln sind ein erster, wichtiger Schritt, um Ewigkeitschemikalien wie PFAS und TFA aus der Umwelt und unseren Lebensmittelketten zu verbannen. Für Produkte aus dem Ausland müssen dieselben strengen Standards gelten wie für heimische - alles andere ist eine Gefährdung der Gesundheit und eine Wettbewerbsverzerrung."
Weg mit dem "Veggie-Burger"?
Totschnig hat beim Agrar-Rat, der bereits gestern gestartet ist, auch eine von 18 Mitgliedsstaaten begrüßte Initiative Tschechiens unterstützt, mit der die EU-Kommission zu einem Legislativ-Vorschlag zum Schutz der Bezeichnungen von Lebensmitteln tierischen Ursprungs aufgefordert wird. Es gehe darum, dass etwa Produkte im Bereich von Fleisch und Fisch "denselben Bezeichnungsschutz genießen, wie es bei Milch oder Honig selbstverständlich ist. Wir wollen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten auf den ersten Blick unterscheiden können zwischen tierischen Lebensmitteln und hoch verarbeiteten Industrielebensmitteln", sagte der Minister.
"Veggie-Bezeichnungen sind aber nicht das Problem, solange klar ersichtlich ist, was da verarbeitet worden ist", kritisierte der SPÖ-EU-Abgeordnete Günther Sidl, der sich stattdessen eine stärkere Kennzeichnungspflicht wünscht: "Bei unverarbeiteten Lebensmitteln muss klar gekennzeichnet werden, woher sie stammen. Bei verarbeiteten Lebensmitteln ist das nach wie vor nicht der Fall. Da wären Nachbesserungen längst angebracht."
Für Greenpeace Österreich handelt es sich um "absurde Begriffsbeschränkungen": "Wer Wörter wie 'Burger' oder 'Steak' für pflanzliche Lebensmittel verbieten will, will nicht Klarheit schaffen - sondern nur die Interessen der Fleischindustrie durchboxen", ließ Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei in einer Aussendung wissen: "Statt echte Bedrohungen für eine nachhaltige und sichere Lebensmittelversorgung anzugehen, werden nur neue Hürden für pflanzliche Lebensmittel erfunden."
Weiters wichtig: Wald und Wettbewerb
Ebenfalls bereits am Montag wurde auch über die Notwendigkeit diskutiert, auf die Erstellung einer Liste allgemeiner Grundsätze für die Handelsbeziehungen der EU mit Drittländern im Bereich der Landwirtschaft hinzuarbeiten. Handelsabkommen wie der angestrebte Pakt mit den Mercosur-Staaten dürften sich nicht negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Erzeuger in der Europäischen Union auswirken. In der Diskussion wurde auch die Notwendigkeit eines angemessenen finanziellen Ausgleichs für die betroffenen Landwirte hervorgehoben.
Am Dienstag wird der Rat auch versuchen, eine allgemeine Ausrichtung zu einer Verordnung über Waldmonitoring zu erreichen. Zur Entwaldungsverordnung habe sich Österreichs Position nicht verändert, hieß es dazu im Vorfeld aus dem Ministerium. Die aktuellen Leitlinien der EU-Kommission dazu seien "zwar gut gemeint, doch nicht ausreichend. Sie bringen weder echte Vereinfachung noch rechtlich verbindliche Klarheit". Österreich fordere, die Verordnung im Rahmen der laufenden "Omnibus"-Initiativen der Kommission substanziell zu überarbeiten.
Dänen setzen auf Vereinfachungen
Über den geplanten "Omnibus" zur Vereinfachung der Vorschriften im Agrarsektor wurde in Luxemburg ausgiebig diskutiert. Der dänische Landwirtschaftsminister Jacob Jensen betonte, solche Vereinfachungen stünden auch ganz oben auf der Prioritätenliste der in einer Woche beginnenden Ratspräsidentschaft seines Landes. Außerdem stehe Tierwohl ebenso im Fokus wie neue Techniken und Innovationen am Agrarsektor. Denn um die Versorgung Europas mit Lebensmitteln sicherzustellen sei eines unstrittig: "Wir brauchen die nächste Generation von Bauern!"
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