USA: Wie private "Impfdosenjäger" beim Impfen Gas geben

Ein von der US-Army betriebenes Impfzentrum in Atlanta, USA
Sofort als in Ohio die Impfzentren für Bürger über 70 Jahren geöffnet wurden, machte sich Jennifer Salzano auf die Suche nach einem Termin für ihre 72-Jährige Mutter. Mit Herzproblemen und an Diabetes leidend hätte diese eigentlich rasch geimpft werden müssen. Doch tagelang hing ihre Tochter am Telefon, graste alle online-Meldezentren der Hauptstadt des US-Bundesstaates ab. Immer war es vergeblich: Kein Termin verfügbar.
In ihrer Verzweiflung meldete sich Salzano bei einer Facebook-Gruppe an. Die hatte zum Ziel, herauszufinden, wo möglicherweise mehr Impfstoffe zu Verfügung stehen und man daher schneller zum "shot" kommt. Die Lösung: Jennifer Salzano möge doch in jenen Gemeinden Ohios nach einem Impftermin suchen, wo Ex-Präsident Donald Trump besonders viele Wählerstimmen ergattert hatte.
Gesagt getan, Mutter und Tochter erhielten beide binnen weniger Tage einen Termin in einer Kleinstadt eine Autostunde von Ohios Hauptstadt Columbus entfernt. Denn unter den Anhängern Trumps, so brachte die Facebook-Gruppe in Erfahrung, ist die Corona-Skepsis besonders groß und die Impfbegeisterung besonders gering.

127 Millionen Impfuungen wurden in den USA bereits verabreicht
Impfdosen liegen zu lassen oder angebrochene Dosen wegzuwerfen - das wollen Amerikas selbst ernannte private "Vaccin hunters" - also Jäger nach ungenutzen Impfdosen - unbedingt vermeiden. Nach wie vor ist Impfstoff auch in den USA knapp - auch wenn bisher schon mehr als 150 Millionen Covid-19-Impfungen verabreicht wurden. 31 Prozent der Bevölkerung haben bisher eine Spritze erhalten, 18 Prozent sind bereits voll durchgeimpft.
Viele Amerikaner, die wegen ihres Alters oder medizinischer Vorerkrankungen das Recht auf eine sofortige Impfungen hätten, kämpfen oft mit Problemen, einen Termin zu bekommen. Zentralisierte Webseites funktionieren nicht immer, haben teilweise technische Mängel oder zeigen einfach nicht alle Optionen an. Eine staatliche, universelle Plattform für unmittelbar frei gewordene, verfügbare Impftermine gibt es nicht.

Anstehen fürs Impfen in Washington DC
Und hier kommen die privaten Impfdosen-Jäger ins Spiel: Beim privaten Portal "Dr. B" etwa haben sich bereits mehr als zwei Millionen Amerikaner angemeldet. Die Nutzer registrieren sich dort mit den selben Daten, die auch den Gesundheitsbehörden vorliegen. Wird in ihrer unmittelbarer Umgebung plötzlich ein Impftermin frei, erhalten sie Nachricht auf ihrem Handy, müssen schnellstmöglich darauf antworten und dann zum freien Impftermin losdüsen.
Gründer dieser Plattform ist ein New Yorker Technologie-Unternehmer. Gewinne wolle er damit nicht erzielen, sagt Cyrus Massoumi, er wolle lediglich in Zeiten der Pandemie Nachfrage und Angebot besser koordinieren helfen.
Massoumis Angebot ist aber nur eines von vielen, das US-Bürgern ermöglicht, schneller an einem Impftermin zu kommen. Die webseite "vaccine hunter" sammelt Informationen von Behörden und lokalen Gruppen: In Facebookgruppen, auf twitter und Reddit tauschen Bürger ihrer Erfahrungen und Tipps aus.
Und dann gibt es noch die einzelnen, privaten "Jäger", die vor Impfzentren warten, ob ein Termin frei wurde. Sie haben Listen an Personen angelegt, die früher vergeblich beim Impfzentrum waren und wieder heimgeschickt wurden. Ein Anruf - und ihre Kontakpersonen setzen sich ins Auto.
US-Präsident Joe Biden hat den Amerikanern versprochen: Bis Mitte des Monates sollen 90 Prozent der US-Bürger, die das wollen, ein Impfangebot erhalten. Dafür aber braucht er alle verfügbaren Kräfte - also auch den Einsatz der "vaccine hunters". Tatsächlich lobt ein Gremium der US-Gesundheitsbehörde CDC den "flexiblen Ansatz" um Impfstoffe wirksam zu verteilen.
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