Trumps wilder Wirtschaftsritt

Republikaner stellte seinen jetzt schon höchst umstrittenen Wirtschaftskurs vor – Experten warnen. Und ein neuer Rivale erscheint auf der Bildfläche.

Man sieht Donald Trump im Cobo-Center von Detroit an, wie sehr er sich zusammenreißen muss. Krawatten- und Gesichtsfarbe, fast identisch. Im Fünf-Minuten-Abstand muss der nach schweren selbst verschuldeten Pannen in den Umfragen abgestürzte republikanische Präsidentschaftskandidat seine Rede zur wirtschaftlichen Gesundung Amerikas unterbrechen. Es sind Frauen, die sich im Publikum positioniert haben und dem New Yorker Milliardär mit Zwischenrufen in die Parade fahren.

Aber der 70-Jährige hat sich diesmal im Griff. Zu viel steht auf dem Spiel. Darum der Teleprompter. Von ihm liest der Bau-Unternehmer 40 Minuten der amtierenden Regierung ("Desaster!") und seiner Konkurrentin Hillary Clinton die bekannten Leviten ab ("Sie ist gekauft!").

Trump wirft im Sekundentakt mit Milliardenbeträgen um sich, die man entweder hätte einsparen oder mehr einnehmen können, verspricht im Falle seiner Wahl "unglaublichen Reichtum" und bilanziert mit brachialer Vereinfachung: "Detroit ist das lebende Beispiel für die gescheiterte Wirtschaftspolitik meiner Konkurrentin."

Wie er es machen will? Immer wieder verweist Trump seine Zuhörer auf seine Internetseite, dort stünden die Details. Der Rest komme nach und nach. Bis dahin nur so viel: Sein aus 13 weißen, durchweg männlichen Milliardären und Investmentbankern zusammengesetztes Berater-Team hat Trumps Kern-Versprechen – "Die größe Steuer-Revolution seit Ronald Reagan!" – noch einmal durch die Rechner laufen lassen lassen. Statt der noch vor Wochen geltenden Einkommenssteuersätze von 0, 10, 20 und 25 Prozent sollen die Amerikaner je nach Brieftasche künftig 12, 25 und 33 Prozent an den Fiskus abführen. Für die Reichen keine schlechte Botschaft, die höchste Steuerklasse liegt heute bei 40 Prozent. Als Trump im Herbst 2015 erstmals seine Ideen vorstellte, rechnete die unabhängige Tax Foundation nach. Ergebnis: Trumps Steuerpläne würden ein 10-Billionen-Dollar-Loch in die Staatskasse schlagen.

Bürokratie auf Eis

Unsinn. Sie würden sich laut Trump bis zum Quietschen füllen, wenn endlich gesetzliche Hemmschwellen wie Umweltauflagen ersatzlos gestrichen würden. Er werde die Bürokratie auf Eis legen. Allein dadurch würden Beschäftigungseffekte entfesselt, die es ihm erlaubten, die Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent zu senken. So würden wieder "amerikanische Arbeiter" "amerikanische Güter und Waren" auf "amerikanischem Boden" produzieren.

Eltern sollen künftig Ausgaben für die Kinderbetreuung von der Steuer absetzen können. Dass Millionen arme Familien keine Steuern zahlen und darum davon überhaupt nicht profitieren, ging im Szenen-Applaus ebenso unter wie die Tatsache, dass die Ratingagentur Moody’s Trumps Pläne bereits inspiziert hat. Resultat: Die Staatsverschuldung würde explodieren, die Zahl der Arbeitslosen steigen, ebenso die Verbraucherpreise.

DONALD TRUMP:

  • Trump ist gegen internationale Handelsverträge - er will Abkommen wie die Transpazifische Handelspartnerschaft (TTP) oder auch ein amerikanisch-europäisches Abkommen (TTIP) am liebsten verhindern.
  • Unternehmen sollen im Inland produzieren. Auslagerung in Billiglohnländer, wie von ihm selbst teilweise betrieben, soll erschwert werden.
  • Die Steuerpolitik will er so stark vereinfachen wie möglich, mit Erleichterungen sowohl für kleine Leute als auch Großkonzerne. Das Konzept soll zum Teil durch Bürokratieabbau gegenfinanziert werden.
  • Zur Ankurbelung der Wirtschaft verspricht er hohe Investitionen in die Infrastruktur, etwa ins Straßennetz und in Flughäfen.

HILLARY CLINTON:

  • Clinton, im Vorwahlkampf von ihrem innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders nach links gedrängt, setzt sich unter anderem für mehr Rechte der Arbeitnehmer ein - ein Mindestlohn von 15 Dollar pro Stunde soll kommen.
  • Sie will mehr Regulierung, unter anderem für die Pharmaindustrie, um die explodierenden Gesundheitskosten einzudämmen.
  • Die ehemalige Außenministerin hat sich innerlich von fossilen Energieträgern wie Kohle verabschiedet und favorisiert Investitionen in neue Energieformen wie Sonne und Wind. Sie will vom Kampf gegen den Klimawandel wirtschaftlich profitieren.
  • Clinton geht davon aus, dass für eine prosperierende US-Wirtschaft ein besseres Bildungssystem nötig ist, inklusive eines bisher fehlenden Berufsbildungssystems.

Viel weiß man noch nicht über den 40-jährigen Evan McMullin. Sein Name rückt aber zusehends ins Rampenlicht als einige Medien darüber berichten, dass er ebenfalls als ernsthafter Kandidat ins Rennen ums Weiße Haus einsteigen könnte. Auf seiner Homepage wirbt McMullin bereits mit dem Slogan "Evan McMullin for President".

Trumps wilder Wirtschaftsritt

McMullin ist Republikaner, würde aber als unabhängiger Kandidat antreten. Dennoch sind sich viele sicher, dass er auf Unterstützung durch nicht wenige der Republikaner hoffen kann. Zumal immer mehr in der Partei von "ihrem" Spitzenkandidaten Domald Trump nichts mehr wissen wollen.

Das Antreten McMullins, der "die USA sowohl vor Hillary Clinton als auch Donald Trump bewahren" will, zeigt einmal mehr die Spaltung in den Reihen der Republikaner.

Auf seiner Homepage beschreibt McMullin Hillary Clinton als "korrupte Karriere-Politikerin" und Donald Trump als schlimmsten Schrecken für die USA in einer Zeit, in der Einigkeit und nicht Trennung gefragt ist. Jemanden wie Trump den Oberbefehl über die Streitkräfte zu geben, wäre absolut unverantwortlich, so McMullin.

Öffentlich wurde die Sache als Moderator Joe Scarborough (MSNBC) darüber berichtete. Der US-Sender ABC befragte daraufhin McMullin und der meinte: "Ich biete mich als Anführer an, der Millionen unzufriedenen Amerikanern eine konservative Alternative bei der Präsidentschaftswahl bieten kann."

McMullin war in der Vergangenheit für den CIA und die Investmentbank Goldman Sachs tätig. Zuletzt hatte er einen Beraterjob für republikanische Abgeordnete, politisch war er bislang nicht tätig.

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