Wie hätte der temporäre Hafen funktionieren sollen?
Zunächst klingt die Idee relativ einfach: Man verbindet etliche Pontons, also hohle Schwimmkörper, in diesem Fall aus aneinandergeschweißtem Stahl, und baut damit eine große Plattform auf der Wasseroberfläche. Sie wird mit einem Anker am Meeresboden befestigt.
An diese Plattform baut man einen Steg - ebenfalls aus Pontons -, der die Plattform mit der Küste verbindet. Und schon hat man einen schwimmenden Hafen.
In Wahrheit verbirgt sich dahinter ein hochriskantes militärisches Manöver, in den USA "Joint Logistics Over-the-Shore" (gemeinsamer Transport über die Küste), kurz "JLOTS", genannt.
Man muss sich das so vorstellen: Schwere Frachtschiffe bringen Container voller Hilfsgüter zu einer großen Ponton-Plattform in tiefem Gewässer, wo sie auf Lkw und Militärfahrzeuge umgelagert werden. Ein kleineres, für seichtere Gewässer geeignetes Frachtschiff holt diese Fahrzeuge ab und bringt sie zu einer kleineren Landungsplattform vor der Küste.
Dort setzen die Fahrzeuge auf der kleineren Landungsplattform auf und müssen über den Steg an Land gebracht werden.
Besonders erfolgreich war man derartigen JLOTS-Operationen im Zweiten Weltkrieg, als es gelang, die US-Soldaten nach dem "D-Day" an der Küste der Normandie wochenlang mit Nachschub zu versorgen.
Doch schon damals gab es Probleme, im Grunde gibt es die immer bei JLOTS-Operationen. Vor allem dann, wenn die Ponton-Plattformen hohem Gewicht und unruhiger See ausgesetzt sind. Beides ist vor der Küste des Gazastreifens gegeben.
Hafen brach mehrfach auseinander, Soldaten sollen gestorben sein
Schaukeln die Pontons durch den rauen Wellengang hin und her, können die Fahrzeuge oder Container umstürzen, die Fracht wiegt oftmals mehrere Tonnen. Wie US-Soldaten anonym gegenüber AP berichten, soll es vor Gazas Küste schon zu Unfällen mit Todesfolge gekommen sein.
Bestätigt ist, dass der temporäre Hafen erst am 17. Mai den Betrieb aufnahm und schon nach einer Woche die Hauptplattform wegen des rauen Wellengangs von der Landungsbrücke abbrach. Hunderte Tonnen an Lebensmitteln fielen ins Wasser und wurden wertlos.
Am 28. Mai musste der temporäre Hafen deshalb abgebaut und zur Reparatur in den israelischen Hafen von Ashdod gebracht werden. Am 7. Juni installierte ihn das US-Militär erneut an der Küste des Gazastreifens, doch die Probleme dauerten an. Am 15. Juni baute man Plattform und Landebrücke wieder ab.
Auf dem Landweg sind Lieferungen in den Gazastreifen kaum noch möglich
Insgesamt war der Hafen damit weniger als 20 Tage im Einsatz. Heute soll er ein letztes Mal installiert werden, allerdings nur noch so lange, bis der Rest der noch auf Zypern eingelagerten Hilfsgüter an Land gebracht wurde. Dann, voraussichtlich in wenigen Tagen, ist endgültig Schluss.
Für die rund 2,3 Millionen Palästinenser ist das eine Hiobsbotschaft. Laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) ist mehr als ein Viertel der Zivilbevölkerung im Gazastreifen dem Hungertod nahe.
Über den Landweg sind Hilfslieferungen kaum noch möglich, da die israelische Armee noch immer im Grenzort Rafah aktiv ist.
Die Zahl der Lkws, die über die beiden verbliebenen Grenzübergänge bei Keren Shalom und Erez West in das Kriegsgebiet fahren durften, hat sich deshalb von 756 im Juni auf gerade einmal 18 in den ersten zehn Tagen des Juli verringert.
Kommentare