Die Demokraten können doch noch gewinnen
Es ist eines der berühmtesten Wahlkampfzitate Donald Trumps: „Wir werden so oft gewinnen, dass euch das ständige Siegen irgendwann müde machen wird“, hatte der US-Präsident regelmäßig versprochen. Heute, genau ein Jahr nach Trumps Sieg bei der Präsidentschaftswahl, haben seine Republikaner erstmals wieder bei bedeutenden Wahlen verloren – und wie.
Zohran Mamdani, der politische Aufsteiger des linken Lagers in den USA, feierte bei den New Yorker Bürgermeisterwahlen am Dienstag einen berauschenden Sieg und holte mehr als 50 Prozent der Stimmen. Zeitgleich wurden in den Bundesstaaten Virginia und New Jersey die Demokratinnen Abigail Spanberger und Mikie Sherrill mit deutlichem Vorsprung (15 bzw. 10 Prozent) zu den neuen Gouverneurinnen gewählt.
Mikie Sherrill wird neue Gouverneurin des US-Bundesstaats New Jersey.
Es sind bemerkenswerte Erfolge für eine demokratische Partei, die spätestens seit Trumps Triumph im Vorjahr demoralisiert, führungslos und zerstritten wirkte. Damals hatten die Demokraten deutlich in allen sieben „Swing States“ verloren und sind seither in beiden Parlamentskammern, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, in der Minderheit. Entsprechend wenig hatten sie dem Wirbelwind an politischen Maßnahmen, mit dem Trump in seiner Zweiten Amtszeit den Regierungsapparat umgestaltet, bisher entgegenzusetzen.
Das soll nun vorbei sein. „Schluss mit den verfrühten Nachrufen“, jubelte Hakeem Jeffries, der demokratische Fraktionsführer im Repräsentantenhaus, auf X: „Die Demokratische Partei ist zurück.“
Niedrigere Lebenskosten werden zum einenden Wahlkampfthema
Dass die „blaue Welle“ auch Virginia und New Jersey erreichte, zeigt: Demokratische Kandidaten müssen nicht so weit links der Mitte stehen wie der neue New Yorker Bürgermeister, um erfolgreich zu sein. Sherrill und Spanberger würden sich nie selbst als „Sozialistinnen“ bezeichnen.
„Das zeigt, dass wir Kandidaten mit unterschiedlichen Programmen und Stilen haben können“, meinte der Demokrat Pete Buttigieg, einst Verkehrsminister unter Ex-Präsident Joe Biden. „Wenn sie alle erfolgreich sind, ist die Lehre vielleicht, dass wir uns auf die Themen konzentrieren müssen, die den Wählern am wichtigsten sind.“
Alle drei Wahlsieger eint schließlich, dass sie ihre Kampagnen nicht nur auf dem Widerstand gegen Trump und die Republikaner aufbauten. Stattdessen boten sie Lösungsvorschläge für das größte Problem ihres Wahlvolks an: die hohen Lebenskosten.
Mamdani warb in New York mit sinkenden Mieten und Lebensmittelpreisen. Sherrill versprach, sofort nach ihrem Amtsantritt den Notstand auszurufen, um die exorbitanten Strompreise einfrieren zu können. Spanberger wollte in Virginia ins Gesundheitssystem eingreifen, um die hohen Kosten für Patienten zu bekämpfen.
Demokraten siegen dort, wo Trump im Vorjahr gewann
Die Demokraten gewannen damit selbst in den Vororten im großen Stil – und bei Bevölkerungsgruppen, bei denen Trump vor einem Jahr noch massive Zugewinne verzeichnen konnte. Bezeichnend ist etwa der Bezirk Hudson County in New Jersey. Dort leben großteils Latinos, von denen die Mehrheit im Vorjahr für Trump stimmte. Sherrill gewann sie nun deutlich zurück. Selbiges gilt für Loudon County/Virginia, wo Spanberger mit fast 30 Prozent Vorsprung vorne lag.
Abigail Spanberger feierte ihren Wahlsieg in Virginia ausgelassen an der Seite ihrer Töchter.
Das Thema Kosten kristallisiert sich also als jenes heraus, hinter dem sich die zerstrittenen Parteiflügel einen könnten. Selten war die Kluft innerhalb der Demokraten so deutlich wie in den vergangenen Wochen: Vermonts Senator Bernie Sanders, der Altvordere der linken Demokraten, pries Mamdani im Wahlkampf als „Zukunft der Partei“. Die Fraktionsführer Chuck Schumer (Senat) und Hakeem Jeffries (Repräsentantenhaus) – beides New Yorker – widersprachen. Jeffries unterstützte Mamdani erst vor einer Woche, Schumer nie. Wollen die Demokraten bei den wichtigen Zwischenwahlen nächstes Jahr erneut siegen, müssen sie diese Grabenkämpfe beenden.
Gavin Newsom untermauert seine Stellung als Oppositionsführer
Einer, der beide Flügel einen könnte, ist Gavin Newsom. Der Gouverneur Kaliforniens hat sich vor Monaten mit einer Social-Media-Kampagne ins Rampenlicht gespielt, bei der er Trump in dessen eigenem, einzigartigen Schreibstil persifliert.
Auch er feierte am Mittwoch einen gewaltigen Sieg: Nachdem die Republikaner jüngst in Texas die Grenzen der Wahlbezirke verschoben hatten, um ihre Chancen bei den Zwischenwahlen zu erhöhen (sog. „Gerrymandering“), hielt Newsom in Kalifornien eine Volksabstimmung darüber ab, ob man nachziehen sollte. Im mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien wirkt sich Gerrymandering schließlich stärker aus – Analysten rechnen nach Newsoms Vorschlag mit mindestens fünf Sitzen mehr für die Demokraten im Repräsentantenhaus.
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom manifestiert sich immer mehr als Oppositionsführer.
Nur Minuten nach Schließung der Wahllokale stand fest, dass Newsom mit 65 Prozent Zustimmung das klare Mandat der Wähler für die Grenzverschiebung erhalten hatte. Das ermöglichte ihm, noch eine Siegesrunde vor den TV-Mikrofonen zu drehen, als demokratische Wähler an der Ostküste noch wach waren – und sich erneut als möglicher Präsidentschaftskandidat der Demokraten 2028 zu positionieren.
Auch Trumps langjähriger Strategieberater Steve Bannon sah in seinem Podcast „Warnzeichen“ für die Republikaner und sagte: „Heute Abend haben die Zwischenwahlen begonnen.“
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