Dass die Republikaner den unverhohlenen Versuch unternähmen, weniger Menschen die Beteiligung an Wahlen zu ermöglichen, worunter vor allem Minderheiten wie Schwarze, Latinos und sozial Schwache zu leiden hätten, sei zutiefst „unpatriotisch“. Mehr noch: Der politische Gegner untergrabe gezielt die Demokratie und wolle bei künftigen Wahlen Stimmen nach Belieben für ungültig erklären. Biden wörtlich: „Sie wollen die Option haben, den Willen der Wähler zu ignorieren, wenn ihr Kandidat verliert.“
Zwei große von den Demokraten konzipierte Gesetzespakete zur Stärkung des Wahlrechts liegen mangels Zustimmung im Senat auf Eis. Weil die Republikaner vermuten, dass es ihre Wählerklientel nicht vergrößert. Vieles, von dem, was gerade in den Bundesstaaten an Restriktionen aufgebaut wird, wäre obsolet, wenn das Gesetz durchkäme. Ganz oben auf der „Giftliste“ der Republikaner stehen nämlich: kürzere Öffnungszeiten der Wahllokale am Wahltag, Verbot von Drive-Through-Wahlschaltern in ländlichen Gebieten, mehr Ausweisdokumente bei der Briefwahl (und somit höhere Hürden für Minderheiten und sozial Schwache, die oft keine Papiere haben) sowie der Einsatz von parteigebundenen Vertretern bei der Auszählung der Stimmen.
Trumps "Wahlbetrug"
Mit solchen Maßnahmen wollen die Republikaner vor allem Trump gefallen. Seine von sämtlichen Gerichten widerlegte Behauptung, ihm sei durch Wahlbetrug der Sieg gegen Biden „gestohlen“ worden, wird von über 50 % ihrer Wähler geteilt.
In Georgia und Arizona sind bereits restriktive Einschnitte in das Wahlrecht verabschiedet worden. Aus Sicht von Bidens US-Justizminister Merrick Garland soll damit „schwarzen Bürgern das Wahlrecht aufgrund ihrer Rasse oder Hautfarbe verweigert oder eingeschränkt werden“. Garland hat den Bundesstaat verklagt. Der Fall wird vor dem Obersten Gerichtshof landen. Erfolgsaussichten zweifelhaft: Zuletzt hatte der Supreme Court mit Mehrheit der von Trump installierten konservativen Richter de facto im Sinne der Republikaner entschieden.
Ohne Trump zu erwähnen, kanzelte Biden dessen Versuch ab, die Wahl anzuzweifeln. „Wenn man verliert, dann akzeptiert man in Amerika das Ergebnis.“
Flucht als letzte Möglichkeit
Danach sieht es aber nicht aus. Das Schrauben an den Wahlgesetzen ist vielerorts weit fortgeschritten. So weit, dass sich die Demokraten in Texas nicht mehr anders zu helfen wussten, als einer Abstimmung durch Flucht zu entgehen. Richtig gehört: durch Flucht.
Über 50 Abgeordnete flogen Anfang der Woche in einer spektakulären Aktion von Austin nach Washington; in der Hoffnung, die Stimme des Präsidenten würde den „Abrissarbeiten der Trump-Partei an der Verfassung endlich Einhalt gebieten. Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris haben die „außerparlamentarische“ Aktion als mutig gelobt. Texas-Gouverneur Greg Abbott droht den Fahnenflüchtigen dagegen nach der Rückkehr mit Verhaftung.
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