Als George Washington im Jahr 1791 das erste US-Kabinett zusammenstellte, war ihm eines wichtig: Personen mit möglichst verschiedenen Blickwinkeln in der Regierung zu versammeln, um die USA so gut es geht zu repräsentieren, sagte er.
Freilich, gemeint waren damit nur Ideologie und geografische Herkunft. Alle Mitglieder seiner Regierung waren weiß – und männlich.
Joe Biden, Washingtons 45. Nachfolger, hat in puncto Diversität da andere Maßstäbe zu erfüllen. Nicht nur, weil die USA sich seither verändert haben: Er selbst hat versprochen, das „vielfältigste Kabinett aller Zeiten zu haben, gemessen an Ethnie, Hautfarbe, Gender“.
Eingelöst hat Biden, der übrigens wegen eines Corona-Falls in seinem Beraterstab unter medizinischer Beobachtung steht, davon schon recht viel. Am Donnerstag ernannte er mit Deb Haaland eine Indigene zur Innenministerin, ein Schritt, den die Washington Post einen „historischen Wendepunkt“ nannte.
Geschlechtergleichheit
Haaland, 2018 eine der ersten zwei Frauen im Kongress, hat zwar kein Ministerium von großer Reichweite – ihr Haus ist anders als in Österreich nicht für Innere Sicherheit zuständig, sondern für Naturschutz und Minderheiten. Genau darum ist die Besetzung ein Signal, sogar in zweierlei Hinsicht: Erstmals ist eine indigene für Ureinwohner verantwortlich – dazu ist sie die zehnte Frau im Kabinett.
Biden stellt damit nicht nur Barack Obamas Rekord ein, der es auf acht Frauen im 25-köpfigen Team brachte (Clinton kam auf fünf, Trump auf vier). Biden wird wohl auch gleich viele weibliche wie männliche Minister bestellen.
Zwei Personalien sind dabei von besonderer Bedeutung. Mit Kamala Harris hat Biden die erste schwarze Vizepräsidentin nominiert; und mit der ehemaligen Fed-Chefin Janet Yellen leitet die erste Frau überhaupt die Geschicke des Finanzministeriums. Damit gehen erstmals zwei Posten im bisher ausschließlich männlich dominierten „inneren Kabinett“ – also Vizepräsidentschaft, Außenamt, Justiz, Verteidigung und Finanzen – an Frauen.
Eine weibliche Besetzung hätten sich die Progressiven in Bidens Partei übrigens auch im Pentagon gewünscht – sie wurden enttäuscht. Lloyd Austin, Vier-Sterne-General im Ruhestand, ist aber zumindest der erste schwarze Verteidigungsminister der Geschichte. Die Kritik an ihm hat aber noch andere Gründe als sein Geschlecht: Lloyd saß im Vorstand des Waffenherstellers Raytheon Technologies, zudem braucht er noch das Plazet des Kongresses, weil zwischen seinem aktiven Dienst und politischen Amt keine sieben Jahre Abkühlungsphase liegen.
Anderen Rufen aus der Partei ist Biden aber gefolgt. Dass mit Pete Buttigieg nicht nur sein ehemaliger Konkurrent, sondern erstmals auch ein homosexueller Mann das Verkehrsministerium leitet, ist ein wichtiges Signal an die Wählerschaft. Ebenso wie die Bestellung von Alejandro Mayorkas, einem geborenen Kubaner, zum Chef der Homeland Security. Er ist als Immigrant für Einwanderungspolitik zuständig – eine Premiere.
Ob das reicht, um die Kritiker in den eigenen Reihen zu kalmieren, muss sich zeigen. Eine erste Rückmeldung bekommt Biden am 5. Jänner: Dann werden die zwei offenen Senatorenposten in Georgia gewählt – und die entscheiden, ob die Demokraten die sehnlichst erhoffte Mehrheit auch im Senat erringen.
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