US-Vorwahlen: Ehebruch und Steuerflucht

Mitt Romney (links) und die anderen Präsidentschaftskandidaten werden von sogenannten Aktionskomitees (PACs) tatkräftig und vor allem finanziell unterstützt. Sie übernehmen die Schmutz-Kampagnen gegen politische Gegner
Der eine als Ehebrecher denunziert, der andere als Steuerhinterzieher: Das Duell um die Kandidatur der Republikaner wird härter.

Angriff war nicht die beste, sondern die einzige Verteidigung, die Newt Gingrich bei dieser TV-Debatte noch blieb. Am Tag zuvor hatte seine Ex-Ehefrau im Fernsehen darüber ausgepackt, wie der Republikaner sich denn so eine „offene Ehe“ vorgestellt habe, inklusive Schäferstündchen mit der neuen Freundin.

Gingrich musste sich also in dieser letzten Debatte vor der heutigen Vorwahl in South Carolina Fragen über seine konservativen Moralvorstellungen und sein ganz und gar nicht konservatives Sexualleben gefallen lassen – allerdings nicht allzu lange. Denn der Präsidentschaftsbewerber ging mit voller Wucht auf den TV-Moderator, die Medien im allgemeinen und natürlich die Schäbigkeit des Wahlkampfes los.

Eine kühne Attacke. Schließlich greift Gingrich im Rennen um die Kandidatur selbst ganz tief in den Schmutzkübel – vor allem im Duell mit dem derzeitigen Favoriten Mitt Romney. Fernsehspots bezeichnen Romney als Anführer einer Meute von Finanz-Heuschrecken, „rücksichtsloser als die Wall Street“. Die Retourkutsche gegen Gingrich wiederum macht sich lustig über sein Übergewicht – das sei wohl die Masse an politischen und privaten Skandalen, die er mit sich herumtrage.

Nur eine kleine Auswahl der negativen Wahlwerbung, die derzeit die US-Fernsehkanäle überschwemmt. Benützt wird alles, was dem Gegner schaden könnte: Romneys dubiose Steuererklärungen oder die öffentlichen Anschuldigungen von Gingrichs Ex-Frauen.

Geld ohne Ende

US-Vorwahlen: Ehebruch und Steuerflucht

Finanziert werden die Medien-Giftschleudern durch eine neuartige Erscheinung am politischen Horizont der USA, die sogenannten Super-PACs. Es handelt sich dabei um eigenständige Gruppen, die Wahlkampfspenden für die Unterstützung von Kandidaten sammeln. Diese werden dann meistens für gegen ihre Gegner gerichtete negative Werbung genutzt.

„Political Action Committees“ (PACs) gibt es schon länger. Zu „Super“-PACs wurden sie aber erst durch eine heftig kritisierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vor zwei Jahren. Seither gibt es keine Spendenlimits mehr. Das hat zu explodierenden Wahl-kampfbudgets und zum Trommelfeuer negativer Wahlkampf-Spots geführt.

Ihre zunehmende Bösartigkeit bietet ein reiches Feld für US-Komiker, allen voran Stephen Colbert, den Star des Fernsehsenders Comedy Central . Zur Seite steht ihm dabei sein eigener Super-PAC, der bereits mehrere von Satire triefende Werbespots gesendet hat.

Offiziell besteht ein Koordinationsverbot zwischen Super-PACs und den Kandidaten. Diese waschen sich öffentlich gerne die Hände in Unschuld, wenn ihre Gegner durch den Schmutz gezogen werden. Schlupflöcher im Gesetz erlauben es aber, sich hinter vorgehaltener sauberer Hand dennoch indirekt mit dem eigenen Super-PAC abzusprechen. „Das ist zum Kotzen“, verkündet daher ein Spot der Gruppe mit der offiziellen Bezeichnung „Ganz sicher nicht mit Stephen Colbert koordinierter Super-PAC: Für ein besseres Morgen – aber morgen.“ Colbert hat es sich mithilfe von Spenden seiner Fans zum Ziel gesetzt, die Absurditäten rund um die Wahlkampffinanzierung in den USA öffentlich zu sezieren. Ein Scherz, wenn auch ein sehr ernsthafter. Der Einfluss von Super-PACs ist laut Experten unbestreitbar. Die Fachleute sprechen schon jetzt davon, dass sie den Charakter und die Dynamik des Wahlkampfs fundamental verändern.

Laut einer Analyse der amerikanischen Nachrichtenagentur AP haben Super-PAC-Spots die bisherigen Vorwahlergebnisse mehr beeinflusst als alle anderen Formen des Wahlkampfs, die persönlichen Auftritte der Kandidaten mit eingeschlossen.

„Super-PACs sind der Finanzierungsskandal der Wahlen 2012“, sagte Fred Wertheimer, Präsident der Gruppe Democracy 21, in einer Aussendung. „Sie ermöglichen Einfluss suchenden Personen, Unternehmen, Gewerkschaften und anderen Spendern, Kandidaten auf Bundesebene mit unbegrenzten und korrumpierenden Beiträgen zu unterstützen.“

Romneys Auslandskonten: Der Millionär drückt sich angeblich um Steuern

Dank der Senkungen unter George W. Bush gilt für Höchstverdiener in den USA ein maximaler Einkommensteuersatz von 35 Prozent. Im Vergleich dazu zahlt Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney für sein Einkommen lediglich rund 15 Prozent an den Staat – nach eigenen Angaben. Das ist um einiges weniger als der Durchschnittsamerikaner und bringt den Multimillionär nun unter Druck.

Schon seit Monaten weigert sich der Ex-Gouverneur von Massachusetts und Ex-Chef der Firma Bain Capital mit einem geschätzten Privatvermögen von 250 Millionen Dollar, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen. Das löst einige Spekulationen aus. So soll Romney Millionen in Fonds auf den Cayman Inseln, einem bekannten Steuerparadies, geparkt haben. Das Team von Romney unterstreicht aber, dass er alle Steuergesetze eingehalten habe und dass seine Anlagen dort in derselben Weise wie in den USA versteuert würden.

Zu allem Überdruss bezeichnete Romney seine Einnahmen aus öffentlichen Reden als „nicht wirklich viel“. Bei einer Summe von etwa 300.000 Euro in einem Jahr ein weiterer Hinweis darauf, wie weit Romney von der Lebensrealität der meisten Amerikaner entfernt ist. Bereits letztes Jahr war er in einer TV-Debatte aufgefallen, als er Mitbewerber Perry eine 10.000-Dollar-Wette anbot.

Vor Kurzem deutete Romney an, dass er im April Einblick in seine Finanzen gewähren würde. Doch selbst seine Befürworter raten ihm öffentlich davon ab, so lange zuzuwarten. Denn das wird dann wohl auch Romneys Kirchensteuer auf die Tagesordnung bringen. Als Mormone wird von ihm ein Obolus von zehn Prozent des Einkommens erwartet.

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