US-Botschaft in Jerusalem: Irritationen um Österreichs Kurs
Die nächste größere Verstimmung mit der EU verhinderte Österreich zwar, aber ein wenig Irritation löste die Vorgangsweise Wiens rund um die umstrittene Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem doch aus. An der Zeremonie am Montag nahm der österreichische Vertreter in Israel, Martin Weiss, entgegen israelischen Medienberichten nicht teil – sehr wohl aber bei der Auftaktveranstaltung im israelischen Außenministerium tags davor. Zu dieser waren fast alle EU-Staaten bewusst nicht gekommen, außer Ungarn, Tschechien, Rumänien und eben Österreich.
"Nicht päpstlicher sein als der Papst"
„Jeder hat für sich selbst entschieden, wie er das handhabt“, sagte Botschafter Weiss im Gespräch mit dem KURIER, „das war ja eine gesellschaftliche Veranstaltung und keine Sicherheitsrats-Resolution.“ Österreich bleibe bei seiner Position, dass die österreichische Botschaft in Tel Aviv bleibe. Die Teilnahme an besagtem Abendempfang mit diplomatischem Corps, Regierungsvertretern und einer US-Delegation sei ja nicht der erste Schritt zur Botschaftsverlegung.
„Aber wir verstehen, dass sich ganz Israel freut (über die Verlegung der US-Botschaft), für Israel ist eben selbstverständlich Jerusalem seine Hauptstadt.“ Man könne ja auch nicht so tun, als sei die israelische Präsenz in Jerusalem eine vorübergehende. Die Teilnahme an der Einladung ins israelische Außenministerium sei ein Akt der „diplomatischen Höflichkeit gewesen“, man solle da „nicht päpstlicher als der Papst“ sein, so Weiss.
Im Wiener Außenamt argumentierte der Sprecher von Chefdiplomatin Karin Kneissl auf KURIER-Anfrage ähnlich: „Diese Veranstaltung sahen wir als gesellschaftliches Ereignis, an unserer politischen Bewertung hat sich nichts geändert“, so Matthias Forenbacher, man teile die bekannte Position der EU. Konkret: Die Annexion Ost-Jerusalems sei von der Union nie anerkannt worden, und der endgültige Status Jerusalems als Hauptstadt zweier Staaten (Israels und Palästinas) müsse in Verhandlungen gelöst werden.
Für einen EU-Experten in Israels Außenministerium war Weiss’ Auftritt vom Sonntag erfreulich, „wäre er auch zur Eröffnung gekommen, hätte diese Regierung ihren FPÖ-Boykott noch einmal überdenken müssen“.
"Auf das Schärfste zu verurteilen"
Der palästinensische Botschafter in Wien tobt indes wegen des österreichischen Vorgehens. Damit widersetze man sich den Vorgaben der EU und missachte das „Völkerrecht und relevante UN-Resolutionen“, so Botschafter Salah Abdel Shafi in einer Stellungnahme. „Diese Politik ist auf das Schärfste zu verurteilen.“
„Mit einer Stimme“
Der außenpolitische Sprecher der SPÖ, der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder, sieht die Causa nicht so entspannt. „Die EU sollte immer mit einer Stimme sprechen“, so der Sozialdemokrat zum KURIER, der sich wundert, warum sich Österreich plötzlich in einem Boot mit Ungarn, Tschechien und Rumänien fand: „Was ist da bloß schiefgelaufen?“ Generell meint Schieder, dass man diplomatisch gerade in dieser Region besondere Vorsicht walten lassen müsse, was symbolische Handlungen oder Gesten anbelange, die dem Friedensprozess nicht dienlich seien.
Schon bei den Russlandsanktionen, die nach dem Giftgas-Angriff nahe London auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal von den meisten EU-Staaten verhängt worden waren, ist Österreich nicht mitgegangen. Das war in Brüssel und wichtigen europäischen Staatskanzleien gar nicht gut angekommen.
Was die Strafmaßnahmen gegen Russland im Gefolge der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Krim anbelangt, trägt Wien die Sanktionen zwar mit, spricht sich aber langfristig für eine Normalisierung mit Moskau aus. Sanktionen seien ein „stumpfes“ Instrument, hätten „nicht gegriffen“, so Kneissl in einem früheren KURIER-Interview.
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