Tag für Tag riskieren Zehntausende Menschen in Myanmar (vormals Burma) ihr Leben. Sie wollen sich nicht mit der Rückkehr der Militärjunta abfinden, die sich am 1. Februar an die Macht geputscht hat. Die Erinnerung an fünf Jahrzehnte Unterdrückung durch das Militär – bis 2011 der Übergang zur Demokratie eingeleitet wurde – treibt die Menschen auf die Straßen.
Sie fordern die Freilassung ihrer Regierungschefin Aung San Suu Kyi, doch die Junta hält mit Gewalt dagegen. Laut Augenzeugen erschossen Soldaten am Montag erneut Demonstranten. Sie hatten sich auch nach dem bisher blutigsten Tag seit dem Putsch auf die Straßen gewagt.
Junta "hinter Gitter"
Tom Andrews, UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, schrieb auf Twitter, er sei untröstlich und empört über die Gewalt. „Junta-Führer gehören nicht an die Macht, sie gehören hinter Gitter.“ Die Generäle müssten von Finanzmitteln und dem Zugriff auf Waffen abgeschnitten werden.
Allein am Sonntag waren nach Angaben von Ärzten und Bürgerrechtlern mindestens 50 Menschen getötet worden, die meisten davon in einem Vorort der Metropole Yangon. Das Nachrichtenportal Myanmar Now berichtete unter Berufung auf drei Spitäler von 59 Toten und 129 Verletzten allein in Yangon (ehemals Rangun). Hier verhängte das Militär in zwei Stadtteilen nach Brandanschlägen auf Fabriken, die von Chinesen betrieben werden, das Kriegsrecht.
Demonstranten werfen Peking vor, heute wie einst die Militärjunta zu unterstützen. China habe den Umsturz weder unterstützt, noch gebilligt, winkte eine Außenamtssprecherin ab. Das seien „Gerüchte“, um „die freundschaftlichen Beziehungen zwischen China und Myanmar zu zerstören“.
Die Agentur Xinhua, Sprachrohr der KP-Führung, hatte zuvor den Staatsstreich als „größere Kabinettsumbildung“ herunter gespielt.
Kompliziertes Verhältnis
Das Verhältnis zwischen den beiden Nachbarstaaten gilt als kompliziert. Als Symbol für Chinas Einflussnahme steht, dass der Großteil der Panzer und Waffen, die sich jetzt gegen Demonstranten richtet, aus chinesischen Waffenschmieden stammt. Zugleich wissen die Putsch-Generäle, dass Peking auch ethnischen Minderheiten Waffen liefert.
Faktum ist, dass China Myanmars wichtigster Wirtschaftspartner ist. Und dass China auch unter Aung San Suu Kyi die Zusammenarbeit mit dem ökonomisch wie strategisch wichtigen Nachbarland ausgebaut hat.
Strategisch wichtig
Myanmar ist als Teil eines Wirtschaftskorridors, der China über den Landweg mit dem Indischen Ozean verbindet, ein wichtiger Teil der „Neuen Seidenstraße“. Es geht um eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, um Öl- und Gaspipelines und einen Tiefwasserhafen am Golf von Bengalen. In Myanmar – einem Land mit 54 Millionen Einwohnern auf der Größe von Deutschland und Frankreich – wächst zugleich die Sorge vor noch größerer Abhängigkeit vom Giganten China.
China will Stabilität
Der will vor allem eines: „Keine Instabilität“, sagt Matt Ferchen vom China-Thinktank Merics. Oder wie es Shi Yinhong von der Pekinger Volksuniversität formuliert: „Wenn Myanmar instabil ist, werden Chinas wirtschaftliche Kerninteressen direkt und indirekt beeinträchtigt.“
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