UNO: Migrationspakt soll mehr Ordnung schaffen, nicht mehr Migration

EL SALVADOR-HONDURAS-US-MIGRANTS-DIPLOMACY
UN-Sonderbeauftragter Prentice tritt Vorwürfen auch von der österreichischen Regierung gegen das Vertragswerk entgegen.

Der UNO-Sonderbeauftragte für den globalen Migrationspakt, Jonathan Prentice, hat Vorwürfe im Zusammenhang mit dem in Österreich umstrittenen neuen Abkommen zurückgewiesen. "Der Pakt hat nicht das Ziel, Migration zu fördern. Er soll ein System der Ordnung gegenüber einem der Unordnung fördern", sagte Prentice am Freitag bei der "Vienna Migration Conference".

"Der Pakt ist nicht rechtsverbindlich und erlegt den Mitgliedsstaaten keine neuen Verpflichtungen auf", unterstrich der Spitzendiplomat. "Der Pakt basiert auf internationaler Kooperation und nationaler Souveränität". Zugleich äußerte er seine Überzeugung, dass die fehlende Rechtsverbindlichkeit eine Stärke des Abkommens sei. Es gebe nämlich im Migrationsbereich schon verbindliche Abkommen, die aber wirkungslos seien, weil sie von den betroffenen Staaten nicht ratifiziert worden seien.

Das Abkommen sei vor allem wegen seines globalen Charakters so wichtig, erläuterte Prentice. "Es privilegiert keine Region gegenüber einer anderen, und es anerkennt die Universalität von Migration." Das "Ethos" des Abkommens sei, "dass Migration eine Realität ist, mit der man umgehen muss, und keine Krise, die gestoppt werden muss".

Unterzeichnung in Marrakesch

Prentice wies darauf hin, dass das Abkommen bereits im Juni von den UNO-Staaten vereinbart worden sei, und nun nur noch eine "zeremonielle" Unterzeichnung beim geplanten Migrationsgipfel im Dezember in Marrakesch ausständig sei. Die UNO hoffe, dass die Mitgliedsstaaten dort möglichst hochrangig vertreten sein werden. "Ich hoffe, Sie haben alle schon ihre Tickets gebucht", sagte Prentice vor den Teilnehmern der Konferenz, darunter Diplomaten aus zahlreichen europäischen Staaten.

Prentice ging in seiner Wortmeldung nicht auf die Vorbehalte einiger Staaten, darunter Österreich, gegen das Abkommen ein. Der wissenschaftliche Direktor des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD), Lukas Gehrke, ließ aber Kritik an der von der Regierungspartei FPÖ befeuerten innerösterreichischen Debatte über den Migrationspakt durchblicken. Er dankte Prentice für seine Ausführungen und merkte an: "Nur eine informierte Debatte (über den Pakt, Anm.) kann zu legitimen Ergebnissen führen."

Gehrke stimmte mit Prentice überein, dass der Migrationspakt trotz seiner unverbindlichen Art ein "sehr wirksames Werkzeug" sein kann. "Wenn wir uns ernsthaft mit Migration beschäftigen möchten, sollten wir Gebrauch davon machen", betonte Gehrke, der in dem Abkommen einen "Rahmen" für die künftige Regelung der Migration erkennt.

Über Pakt wurde 18 Monate beraten

Prentice wies darauf hin, dass das Abkommen in 18 Monaten "intensiver Beratungen" entstanden seien. Schon allein dieser Beratungsprozess sei äußerst wertvoll, weil er zum Verständnis der Vertreter verschiedener Staaten untereinander beigetragen habe. Die UNO wolle die Umsetzung des Pakts unterstützen, indem sie auch ihre bisher nicht immer "kohärente" Tätigkeit im Bereich Migration verbessere, wobei die Internationale Organisation für Migration (IOM) eine Scharnierfunktion haben solle.

Der UNO-Sonderbeauftragte wies darauf hin, dass das Abkommen eine "360-Grad-Vision" von Migration enthalte, von der Notwendigkeit besseren Informationsaustausch über den Kampf gegen Menschenschmuggel und Grenzschutz und effektiveren Rückkehrmechanismen bis zur Einrichtung legaler Migrationswege. Alle diese Objektive sollten "parallel" verfolgt werden, es sollte kein Aspekt der Migrationspolitik über einen anderen gestellt werden, betonte er. Zentral seien auch die Menschenrechte, denn: "Wir haben es hier mit Menschen zu tun."

Prentice äußerte sich zum Auftakt des zweiten Tages der "Vienna Migration Conference", die vom ICMPD organisiert wird. Am Vorabend hatten Regierungsvertreter aus Deutschland, den Niederlanden, Portugal, Tunesien und Afghanistan teilweise kontrovers über die Herausforderungen der Migrationspolitik diskutiert, wobei auch die Differenzen zwischen den EU-Staaten neuerlich zutage traten. ICMPD-Generaldirektor Michael Spindelegger sprach sich am Freitagvormittag dafür aus, eine "mutige und zielgerichtete" Migrationspolitik zu betreiben, die aber auch auf "robuster Expertise" beruhen müsse.

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