UNO: Kein zweites Srebrenica in Syrien

UNO: Kein zweites Srebrenica in Syrien
Die österreichischen Blauhelme sehen sich am Golan begründeten Befürchtungen gegenüber.

Was tun, wenn plötzlich die Menschen des Dorfes Faour Hilfe schreiend vor dem Kasernentor der UNO stehen?

Faour ist ein durch Stacheldraht geteilter Ort. Vor dem Stacheldraht leben Syrer – einfache Händler, Handwerker und Bauern. Hinter dem Stacheldraht befindet sich das UNDOF-Hauptquartier. Seit fast 40 Jahren leben die Menschen friedlich mit der UNO zusammen. Will man ihnen nun mit Gewalt den Zutritt verwehren, wenn sie in Todesangst an den Zäunen rütteln? Will man sie ausliefern, wenn nachfolgende Bürgerkriegsmilizen ihre Herausgabe fordern – unter dem Hinweis, dass UNDOF nur die Einhaltung des Truppentrennungsabkommens zu überwachen habe?

Das sind keine theoretischen Horrorszenarien, sondern durchaus begründete Befürchtungen, die unsere Blauhelme am Golan derzeit quälen.

Verschwörungstheorien

Dabei kommt man als UNO-Soldat auch schon wegen harmloserer Zwischenfälle ins schiefe Licht. Als es im Juni des vergangenen Jahres syrischen Demonstranten bei Majdal Shams gelang, bis zum israelischen Grenzzaun vorzudringen, verbreiteten sich weltweit Verschwörungstheorien über eine mögliche Beteiligung der ö­sterreichischen UNO-Soldaten.

Die größte Niederlage erlitt die UNO aber im Bosnienkrieg. In Srebrenica mussten UNO-Soldaten 8000 Bosniaken einer serbischen Soldateska und damit dem sicheren Tod ausliefen. In den Orten Zenica und Maglaj kam es zu ähnlich tragischen Ereignissen. Am Berg Igman bei Sarajewo mussten UNO-Soldaten hilflos zusehen, wie Menschen auf den betonierten Siegerpodesten der Olympia-Schisprunganlage erschossen wurden. Der Befehl zum Eingreifen wurde ihnen verweigert.

Rückschläge für UNO-Einsätze gab es auch in Ruanda und Somalia.

Fehlentwicklungen

Die ehemaligen UNO-Soldaten von Srebrenica sind heute noch traumatisiert und weisen eine sehr hohe Selbstmordrate auf. Unter Militärs weltweit grassiert seither ein gewisser Unwille, unter UNO-Kommando in den Einsatz zu gehen. Man würde dort nur ungenügende Befehle und Ermächtigungen bekommen.

Die UNO analysierte im "Brahimi-Report" die Fehlentwicklungen und zog ihre Schlüsse. "Chapter VI"-Einsätze (Beobachtermissionen ohne Erlaubnis zur Gewaltanwendung) werden nicht mehr durchgeführt. Nur mehr "Chapter VII"-Einsätze (robuste Mandate mit Gewaltanwendung) werden genehmigt. Der Golan-Einsatz, dem ein Waffenstillstand der Kriegsparteien zugrunde liegt, ist noch ein klassischer "Chapter VI"-Einsatz. Aber mit der "weiterführenden Interpretation" sollen auch mit dem alten Mandat Vorfälle wie in Jugoslawien verhindert werden.

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