Unicef-Bericht: Frauen bei Digitalisierung klar benachteiligt

Unicef-Bericht: Frauen bei Digitalisierung klar benachteiligt
90 Prozent der Mädchen in Entwicklungsländern sind offline. Auch in Österreich stehen Frauen vor Hürden.

Nur halb so viele Mädchen in Entwicklungsländern haben Internetzugang wie ihre männlichen Altersgenossen. Wie ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef zeigt, nutzen gerade einmal zehn Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Staaten mit niedrigen Einkommen das Internet. Bei den Burschen sind es 22 Prozent.

Ähnlich ist die Situation in Ländern mit unteren und mittleren Einkommen: Dort nutzen 61 Prozent der Burschen das Internet. Bei den Mädchen sind es lediglich 38 Prozent. Die aktuelle Untersuchung in 32 Ländern und Regionen zeigt auch, dass Mädchen im Schnitt um 35 Prozent seltener über einfache digitale Kenntnisse wie das Kopieren von Dateien oder das Versenden von E-Mails verfügen.

Burschen haben eher Smartphones

Der Unicef-Direktor für Bildung, Robert Jenkins, betont, dass es bei der digitalen Kluft zwischen Mädchen und Buben nicht nur um den Zugang zu Internet und Technologien gehe. "Es geht darum, Mädchen zu befähigen, innovativ, kreativ und zu Führungskräften zu werden." Um geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in den Bereichen Wissenschaft und Technologie, beseitigen zu können, "müssen wir jetzt damit beginnen, jungen Menschen, insbesondere Mädchen, zu helfen, digitale Fähigkeiten zu erwerben".

Den Ergebnissen von Unicef zufolge liegen die Gründe für den unterschiedlichen Internetzugang von Mädchen und Jungen nicht nur in technischen Voraussetzungen. Auch die Familiensituation spielt eine Rolle. So werden Burschen von Eltern, Betreuungspersonen und Familienangehörigen nicht nur deutlich häufiger digital gefördert als ihre Schwestern. Sie haben auch eher ein Mobiltelefon als Mädchen. 

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"Digitale Kluft" auch in Österreich

Auch reiche Länder sind von Geschlechterparität bei der Digitalisierung weit entfernt. In Großbritannien etwa, wo fast alle Menschen Zugang zum Internet haben, konnten laut Unicef ebenfalls große Unterschiede bei den digitalen Fähigkeiten von Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren beobachtet werden. So ist bei Mädchen und jungen Frauen die Wahrscheinlichkeit, fortgeschrittene digitale Kenntnisse zu besitzen, um 15 Prozentpunkte geringer als bei gleichaltrigen Burschen und Männern.

In Österreich ist der Anteil an Kindern und Jugendlichen, die das Internet und digitale Geräte nutzen, sowohl bei Mädchen als auch bei Burschen sehr hoch, erklären Teresa Koch und Franziska Laaber, die für das EU-Projekt "DIGYMATEX" zu dem Themengebiet forschen. Jedoch gibt es im Nutzungsverhalten auch hierzulande klare Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Etwa wenn es um höhere IT-Skills (z.B. Programmieren) geht, wo Burschen nach wie vor klar die Nase vorne haben. Ein Grund dafür sei, "dass sich Mädchen selbst als weniger technikaffin wahrnehmen und weniger dazu tendieren, sich selbst neue Dinge bezüglich technischer Geräte beizubringen als Burschen". Während Mädchen anfangs noch ähnlich interessiert an Technik sind wie Burschen, sinke dieses Interesse dann tendenziell im Teenageralter, so die Forscherinnen. "Diese Selbsteinschätzung, trotz des an sich ähnlichen Zugangs zu digitaler Technologie, kann zu Nachteilen für Mädchen führen."

Nachteil am Arbeitsplatz

Etwa am Arbeitsplatz, wie ein kürzlich präsentierter Forschungsbericht der FH Wiener Neustadt nahelegt. Die Forschungsergebnisse der Fachhochschule zeigten, dass sich Frauen im Schnitt weniger digitale Kompetenzen zutrauen als Männer und dass diese im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen mit deutlich mehr Barrieren beim Zugang zu digitalen Kompetenzen und entsprechenden Weiterbildungsangeboten konfrontiert sind. 

"Beispielsweise gibt es zu wenige Angebote, die von Teilzeitmitarbeiterinnen wahrgenommen werden können. Auf mangelnde Vereinbarkeit mit der Kinderbetreuung wurde von betroffenen Frauen hingewiesen, sowie auf einen Aufholbedarf nach Karenzzeiten und ein oft mangelhaftes Unterstützungsangebot hinsichtlich digitaler Anwendungen nach einer längeren Auszeit“, erklärt die am Projekt beteiligte Forscherin Karin Wegenstein. So entstehe eine "systematische Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt". 

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