Ungarn und die EU: Orban muss in Brüssel einiges zurechtrücken
Die Räder in Brüssel und Straßburg drehen sich nach der Sommerpause wieder. Die EU-Politiker sind an ihre Posten zurückgekehrt bzw. haben ihre neuen Ämter angenommen. Und jetzt geht es auf europäischer Ebene auch weiter in der Frage, wie man Ungarn und die dortige Regierungspartei Fidesz in Zukunft behandeln wird.
Stichwort Artikel-7-Verfahren:
Heute, Montag, wird der Rat die ungarische Seite zu Wort kommen lassen. Dort hat die ungarische Regierung die Möglichkeit, zu den Vorwürfen aus dem Bericht des EU-Parlaments Stellung zu nehmen, in dem Ungarn Defizite in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen werden. In Budapest ist man sicher, dass man die Anschuldigungen „Punkt für Punkt“ widerlegen kann, heißt es aus Regierungskreisen.
Ein Jahr ist vergangen, seit die Abgeordneten im Europäischen Parlament mit großer Mehrheit einen Bericht der damaligen niederländischen Europaparlamentarierin Judith Sargentini annahmen, der vor einem Verfall der europäischen Werte in Ungarn warnt. Das EU-Parlament forderte den Rat auf, ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einzuleiten.
Das Verfahren gilt als Präventions- bzw. Sanktionsmechanismus gegenüber Staaten, die die gemeinsamen Werte der Gemeinschaft verletzen (könnten). Laut EU-Vertrag ist die Rechtsstaatlichkeit ein Grundelement der Union.
Gegen Polen läuft ein ähnliches Verfahren.
Stichwort Fidesz und EVP:
Unter anderem wegen ihrer Attacken auf den bisherigen Kommissionschef Jean Claude Juncker (EVP), ist die Fidesz-Partei im März von der EVP-Fraktion im EU-Parlament suspendiert worden. Nach der EU-Wahl im Mai sind aber die neuen Fidesz-Abgeordneten wieder Teil der Fraktion. Die Wogen zwischen EVP und Fidesz haben sich in den vergangenen Wochen geglättet. Immerhin hat auch die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Unterstützung der ungarischen Regierung – die angeblich klare Wünsche an die designierte Präsidentin formuliert hat. Unter anderem ein Ende der Suspendierung der EVP-Mitgliedschaft.
Stichwort EU-Kommissar:
Der Ungar László Trócsányi, seines Zeichens Fidesz-Mitglied, soll Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung werden. Bis Juni war er Ungarns Justizminister und trug Justizreformen der Orbán-Regierung mit, die schwer umstritten waren – und mittlerweile gestoppt wurden. Der 63-Jährige gilt als Wackelkandidat für die Annahme im Europaparlament im Oktober.
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