Und was, wenn Clinton siegt?
Glühenden Trump-Anhängern mag ein möglicher Wahlsieg Hillary Clintons wie der größte anzunehmende Albtraum anmuten – der überzeugte Republikaner Cameron Hopkins kann dem hingegen einiges abgewinnen. "Wartet nicht!!", wirbt der Waffenhändler im Schaufenster seines Geschäfts in Las Vegas mit großen Plakaten. "Die Preise werden in die Höhe schießen, wenn Betrügerin Hillary gewinnt." Sein Angebot also an seine Kunden: "Ein Vor-Hillary-Abverkauf" ("Pre-Hillary Sale", siehe Bild unten). Darunter als besonderes "Schnäppchen": eine halb-automatische Smith & Wesson für schlanke 699,99 Dollar.
Die Chancen für die Demokratin stehen tatsächlich gut. Statistiker Nate Silver gab ihre Gewinnchancen zuletzt weiterhin mit 70 Prozent an. Siegt Clinton am Dienstag bei den Präsidentenwahlen, wird es nicht anders sein als bei der Wahl Barack Obamas 2008 und dessen Wiederwahl vor vier Jahren: Die Preise für Waffen werden steigen. Und die Käufe werden dennoch erheblich zunehmen, zumal konservative Clinton-Hasser davon ausgehen, dass die erste Chefin im Weißen Haus versuchen wird, den freien Zugang zu Waffen einzuschränken. Doch vermutlich wird dies einer Präsidentin Hillary Clinton ebensowenig wie ihrem Vorgänger Obama gelingen.
Sie hält den Kurs
Und auch in vielen anderen Bereichen würde die erste Frau an der Spitze der Vereinigten Staaten den Kurs Obamas fortsetzen: Vom Plan, Krankenversicherung für alle Amerikaner durchzusetzen, bis hin zu einer grundlegenden Einwanderungsreform. Das würde elf Millionen illegalen Einwanderern ermöglichen, sich legal in den USA niederzulassen.
Doch wie schon bei ihrem Vorgänger Obama wird der republikanisch dominierte Kongress nichts unversucht lassen, um der 69-jährigen Präsidentin das Leben schwerzumachen. Vom Tag eins ihrer Amtszeit im Jänner an wird ihr scharfer Gegenwind entgegenwehen, eine Einstiegs-Schonfrist gibt es nicht.
Schon gar nicht angesichts eines Wahlverlierers Donald Trump, der eines im Leben nie gelernt hat: eine Niederlage zu verdauen. Auf die Präsidentin und ihr Regierungsteam könnte also gleich eine Lawine an Klagen zurollen, mit denen Trump die "Betrügerin" eindecken wollte. Denn alles andere als ein Sieg für ihn, so hatte es der Milliardär vor dem Wahltag angedeutet, könne ja wohl nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.
Frei von überhöhten Erwartungen
Anders als einst Barack Obama würde Hillary Clinton ihr Amt nicht getragen von einem nationalen Euphorie-Schub antreten. Im Gegenteil: Die ehemalige First Lady findet sich unter den unbeliebtesten Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte der USA. Anders gesagt kann dies aber auch bedeuten: Frei von überhöhten Erwartungen an sie, könnte Hillary Clinton einen pragmatischen politischen Kurs fahren, der langfristig mehr Erfolge bringt, als ihr momentan zugetraut wird.
Außenpolitisch sind von ihr jedenfalls keine militärischen Interventions-Abenteuer zu erwarten. Zu den Verbündeten in der NATO und in Übersee aber würde die Oberbefehlshaberin der mächtigsten Armee der Welt weiterhin treu stehen.
Revolutionäres ist von Hillary Clinton auch in punkto Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht zu erwarten. Mit einem gewaltigen Investitionsprogramm in Höhe von 250 Milliarden Euro soll vor allem die marode Infrastruktur der USA saniert werden. Zehn Millionen Menschen sollen neue Jobs erhalten.
Doch auch hier geht nichts ohne die Zustimmung des Kongresses. Und im speziellen nichts ohne den republikanischen Chef des Repräsentantenhauses – Paul Ryan. Der gilt zwar als kompromissfähig, doch nur zu seinen Konditionen. Was für den künftigen Wirtschaftskurs Clintons bedeuten wird: Die gesunkenen Einkommen amerikanischer Durchschnittsfamilien, die so viele in Verzweiflung und in den Anti-Establishment-Furor getrieben haben, wird auch die demokratische Präsidentin nicht so bald wieder heben.
[Update: 8.11. - Clintons Gewinnchancen konstant]
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