Britischer Finanzminister droht mit EU-Austritt

Stößt die Tür zum EU-Austritt weit auf: Finanzminister Osborne
In einer Rede machte George Osborne Londons Haltung deutlich: Entweder die EU wird von Grund auf reformiert, oder Großbritannien ist draußen.

Um Kritik an der ungeliebten EU ist George Osborne nie verlegen, der Finanzminister ist quasi Wortführer der Europaskeptiker in Großbritanniens liberalkonservativer Regierung. Nun aber legt der Wirtschaftsliberale noch einen Gang zu. Seine Rede vor einer Konferenz zum Thema Europa in London nützte er, um klar ein Ultimatum seiner Regierung an Brüssel zu formulieren: Entweder die EU schreibt Teile ihrer Verfassung neu, oder Großbritannien entscheidet sich endgültig für den Austritt.

Spätestens 2017, hat sich Premier David Cameron längst festgelegt, will London die Briten über den Austritt abstimmen lassen. „Unser Ziel ist es, die EU zu verändern und Großbritanniens Beziehungen mit ihr“, legt Osborne Londons Kurs in Richtung Referendum fest:„Und dann legen wir die Entscheidung in die Hände der Briten: Bleiben, in einem reformierten Europa, oder austreten?“

Die Forderungen an Brüssel, wie sie Osborne jetzt formuliert, sind radikal: Etwa ein Vetorecht für Großbritannien gegen alle EU-Gesetze, oder eine Garantie, dass Länder außerhalb der Eurozone nicht durch Entscheidungen der Euro-Länder beeinflusst werden. Für Osborne ist „eine Änderung der EU-Verfassung unumgänglich. Die jetzigen Verträge erfüllen ihren Zweck nicht – wir haben es nicht geschafft, sie zu reformieren und neu zu verhandeln.“

Zu viel Sozialleistungen

Die Reform, wie sie der Brite vorschlägt, geht klar in eine Richtung: Verringerung von Sozialleistungen, Abbau von Bürokratie, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber aufstrebenden Mächten wie China. „Unser Kontinent fällt zurück“, warnt er, „wir haben nur die Wahl zwischen Reform und Niedergang.“

Druck der EU-Gegner

Osbornes scharfe Töne sind auch ein Versuch, der wachsenden Kritik der EU-Gegner in der eigenen Partei zu begegnen. Eben haben 100 konservative Parlamentarier ähnliche Forderungen in einem Brief an Premier Cameron formuliert. Dazu kommt die EU-feindliche Partei UKIP, der Umfragen einen Triumph bei den Europawahlen im Frühjahr vorhersagen, möglicherweise sogar den ersten Platz.

Auch in der in Großbritannien besonders heftig ausgebrochenen Debatte über Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien geben die EU-Skeptiker den Ton an. Einst hatte Großbritannien – anders als etwa Österreich – Zuwanderern aus ehemals kommunistischen Ländern wie Polen – seinen Arbeitsmarkt sofort geöffnet. Jetzt hat Premier Cameron angekündigt, Rumänen oder Bulgaren, die keine Jobs hätten, „aus dem Land zu entfernen“. Doch gerade die Arbeitgeber sind mit Londons EU-feindlichem Kurs unglücklich. Ein Austritt, macht etwa Ford-Europa-Chef Odell deutlich, würde den Briten nur schaden: „Ich würde aus wirtschaftlichen und Arbeitsmarktgründen dringend davon abraten, die EU zu verlassen.“

Kommentare