Wie viel Geld Selenskij zum Überleben der Ukraine braucht
Laut Weltbank benötigt das zerbombte Land 500 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau – und allein 37 Milliarden im laufenden Jahr, damit die Wirtschaft nicht zusammenbricht. Woher das Geld kommen soll, ist unklar - dabei wäre beim Wiederaufbau gutes Geld zu verdienen.
Als Wolodimir Selenskij vor ein paar Wochen nach Davos kam, da sprach er kaum über Waffen. Natürlich, das Weltwirtschaftsforum ist eigentlich keine politische Plattform, wo der ukrainische Präsident Druck machen könnte, aber Selenskijs Ziel in den Schweizer Alpen war auch ein anderes: Die Ukraine braucht Geld – und das gab es in Davos schließlich zuhauf.
Die Summen, die das kriegsgebeutelte Land benötigt, sind nämlich gewaltig. Wie die Weltbank in einer neuen Einschätzung errechnet hat, haben Putins Bomben im Lauf der zwei Jahre Krieg einen Schaden von 152 Milliarden US-Dollar (142 Milliarden Euro) angerichtet. Ein Zehntel aller Häuser des Landes, zwei Millionen in Summe, wurde dem Erdboden gleichgemacht, 8400 Kilometer Straßen sind unbrauchbar - um all das wieder zu errichten, bräuchte das Land binnen der kommenden zehn Jahre eine halbe Billion Dollar, also 450 Milliarden Euro. Das ist das gesamte EU-Agrarbudget.
Wer soll all das zahlen?
Monatlich vier Milliarden
Die Frage stellt sich nicht nur beim Wiederaufbau, sondern vor allem bei den laufenden Kosten, die das Land schultern muss. Zwar hat sich die ukrainische Wirtschaft als erstaunlich resilient erwiesen, 2023 wurde sogar ein Wirtschaftswachstum von mehr als 5 Prozent verzeichnet. Allerdings von extrem niedrigem Niveau aus: Das Bruttoinlandsprodukt 2023 machte real nur drei Viertel des Vorkriegs-BIP der Ukraine aus.
Um den Staat am Laufen zu halten, um Pensionen, Soldatensolde und Beamtengehälter zu zahlen, bräuchte Selenskijs Regierung im laufenden Jahr mehr als 37 Milliarden Dollar, monatlich also drei bis vier Milliarden. Und das zusätzlich zu all den Waffen, die die Ukraine nötig hätte, um nur die Stellungen an der Front zu halten.
Bislang reichen die Zusagen der westlichen Verbündeten aber weder für das eine noch das andere. Laut herumposaunt wird das aber nicht: Auf der Bühne in Davos gab sich Selenskij bewusst zuversichtlich, die Gespräche mit Washington und Europa liefen gut, sagte er. Das ist eine absichtliche Beruhigungspille: Öffentliche Verunsicherung führt nämlich nur zu noch weniger Investitionen im Land.
Was die privaten Geldgeber abschreckt, ist freilich die fehlende Sicherheit. Was, wenn das investierte Geld buchstäblich weggeschwemmt wird – wie nach der Sprengung des Kachowka-Damms, als die Flut ganze Städte zerstörte? Viele europäische Regierungen versuchen zwar, diese Risiken mit staatlichen Ausfallgarantien für Exporte und Investitionen abzumildern, die Briten wurde eine Kriegsrisikoversicherung aufs Tapet gebracht, finanziert von großen Banken und Rückversicherern. Doch in Gesetze gegossen ist kaum etwas.
Die USA sind da schon deutlich weiter als die Europäer. Die privaten Finanzinstitute JP Morgan und Blackrock haben dort die Initiative ergriffen, sie wollen zusammen mit der Regierung in Kiew eine Wiederaufbau-Bank gründen, über die öffentliches Startkapital in Projekte geschleust wird. Und auch die Bank of America hat Selenskij Kooperation zugesichert, das er in Davos erreicht. Warum? Die Antwort ist einfach: Der Wiederaufbau verspricht Gewinne – und zwar nicht zu kleine.
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