Der russische Plan zur Deeskalation

Pro-russische Milizionäre im Donbas. Russland sieht im bewaffneten Aufstand eine legitime Unmutsbekundung, Kiew bewertet ihn als von Russland betriebenen Terrorismus.
Duma-Abgeordnete fordern gemeinsame Stationierung von russischen und NATO-Soldaten.

Es ist zumindest ein Lichtblick in der Krise um die Ukraine: Soldaten Russlands, der NATO und der Ukraine sollen gemeinsam im Südosten des Landes dafür sorgen, dass die Gewalt zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Milizen nicht weiter eskaliert. Mit dieser Initiative gingen am Freitag mehrere Abgeordnete des russischen Oberhauses an die Öffentlichkeit. Wie die regierungsnahe Tageszeitung Iswestija schreibt, will der Senat dazu spätestens Anfang nächste Woche Beschlüsse fassen.

Zu konkreten Vorschlägen, die zu einer Deeskalation der Lage in der Ostukraine führen könnten, hatte zuvor Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Unterzeichner der Genfer Abmachungen von Ende der Vorwoche (Russland, Ukraine, USA, EU) aufgerufen. Denn am Donnerstag hatte sich die Lage im Krisengebiet verschärft: Die Übergangsregierung in Kiew hatte im Rahmen ihrer Anti-Terror-Operation Stellungen der Separatisten angegriffen. Es gab Tote und Verletzte.

Kiew, so Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoygu zur Nachrichtenagentur RIA nowosti, habe den "Einsatz von Gewalt gegen friedliche Einwohner" abgesegnet, der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow habe dazu 11.000 Soldaten, 160 Panzer und 230 gepanzerte Fahrzeuge in Marsch gesetzt.

Moskau konterte mit unangekündigten Manövern an der Grenze zur Südostukraine. Damit reagierte Moskau auch auf NATO-Manöver, die in Polen und im Baltikum stattfinden sollen. Das, so Schoygu, würde "kaum zur Normalisierung der Lage um die Ukraine beitragen". Auch der Kreml und das Außenamt hatten die Übungen kritisiert. Präsident Wladimir Putin rügte dabei die "Anti-Terror-Operation" Kiews gegen die "Anhänger der Föderalisierung" – gemeint ist die Umwandlung der Ukraine zu einem Bundesstaat – als "Strafexpedition" und nannte die Regierung in Kiew "Junta".

Lawrow warnt

Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der schon zuvor indirekt mit einem militärischen Eingreifen Russlands gedroht hatte, warnt erneut. Die jüngsten Entwicklungen im Südosten der Ukraine seien Ergebnis der "verantwortungslosen Politik Kiews", die sich auf ultranationalistische und extremistische Gruppen stützte.

Klare Worte fand er auch in Richtung USA und EU: Der Westen würde auf das falsche Pferd setzen, wenn er eine Regierung in Schutz nehme, die durch einen Staatsstreich an die Macht kam und ein von EU-Außenministern vermitteltes Abkommen zum Krisenmanagement torpediere. Zwar würden sich Europäer wie Amerikaner in Privatgesprächen "vernünftig über die Geschehnisse äußern und diese beklagen", öffentlich zurückzurudern, falle dem Westen jedoch schwer. EU und USA wollten vielmehr "ihr Projekt aus Prinzip und in diesem Fall aus falschem Prinzip bis zum Ende bringen". Daher habe auch Russland "kaum noch eine Möglichkeit, zurückzurudern".

In Kiew geht man längst davon aus, dass russische Militärs auf ukrainischem Boden aktiv sind. In der Stadt Kramatorsk wurde am Freitag ein Armeehubschrauber beschossen und zerstört, an einem Regierungs-Checkpoint nahe Odessa explodierte am Freitag eine Bombe. Übergangspremier Jazenjuk beschuldigte Russland, einen "Dritten Weltkrieg" anzetteln zu wollen. Womit sich eine zentrale Frage stellt: Die, ob die ukrainische Regierung jemals einer – aus ihrer Sicht– "Legalisierung" russischer Truppen auf ukrainischem Gebiet zustimmen wird.

Kommentare