Ukraine rückt vor: Russische Verwaltung zieht sich aus Cherson zurück

Symbolbild; Cherson im Juli 2022
Vor einer ukrainischen Offensive sollen auch Zehntausende Menschen aus der Stadt gebracht werden.

Im von Moskau annektierten Gebiet Cherson haben ukrainische Streitkräfte laut den russischen Besatzern mit Rückeroberungsversuchen begonnen. Die Ukrainer seien in Richtung der Orte Nowa Kamjanka und Beryslaw in die Offensive gegangen, hieß es am Mittwoch. Bislang seien aber alle Angriffe abgewehrt worden.

Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Angaben. Kiew erklärte am Vormittag nur, im Gebiet Cherson einen russischen Kampfhubschrauber abgeschossen zu haben.

Verbot, Region zu betreten

Zuvor hatte die pro-russische Verwaltung von Cherson mitgeteilt, sich angesichts des bevorstehenden Angriffs vollständig aus der Stadt zurückzuziehen. „Ab heute werden alle Regierungsstrukturen der Stadt, die zivile und militärische Verwaltung, alle Ministerien, an das linke Flussufer verlegt“, sagte Verwaltungschef Wladimir Saldo.

Die russische Armee werde aber in der Stadt gegen die ukrainischen Truppen kämpfen „bis zum Tod“.

Die pro-russischen Behörden vermeldeten am Mittwoch auch den Beginn der Evakuierung von Zivilisten aus der Region Cherson. Staatliche russische Medien zeigten Bilder, wie Menschen mit Fähren über den Fluss Dnipro auf die andere Seite gebracht wurden.

Zivilisten ist es für die kommenden sieben Tage nicht gestattet, die Region zu betreten.

5.000 Menschen wurden in den letzten zwei Tagen bereits evakuiert. Insgesamt sollen „etwa 50.000 bis 60.000“ Menschen über den Fluss in russisch besetztes Territorium gebracht werden. Dies werde etwa sechs Tage in Anspruch nehmen, so Saldo.

"Bevölkerung schützen"

Die Evakuierungen würden jedoch nicht bedeuten, dass man die Stadt kampflos aufgeben werde, stellte Saldo klar. Man wolle lediglich die Bevölkerung vor den erwarteten Kampfhandlungen schützen. Man habe genügend Ressourcen, die ukrainischen Angriffe zurückzuschlagen.

Bisher sei die Lage „stabil“, eine mögliche Offensive habe noch nicht begonnen, sagte der Vizechef der Besatzungsverwaltung, Kirill Stremoussow, am Mittwoch der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Cherson fiel im März - also kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen das Nachbarland - als einzige ukrainische Gebietshauptstadt in russische Hand. Präsident Wladimir Putin verkündete im Oktober den Anschluss des Gebiets an Russland. International wird die völkerrechtswidrige Annexion nicht anerkannt.

Die russischen Soldaten auf dem rechten Dnipro-Ufer gelten als weitgehend abgeschnitten. Durch Artillerietreffer seien die Übergänge über den Fluss Dnipro unpassierbar gemacht.

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