Milliardenschwerer ukrainischer Oligarch vor Strafverfolgung nach Wien geflohen

Mit Hennadij Boholjubow ist Ende Juni einer der reichsten Ukrainer vor einer möglichen Strafverfolgung aus seiner Heimat geflohen und hält sich nunmehr in Wien auf. Das berichteten ukrainische Medien. Das Staatliche Ermittlungsbüro DBR warf Boholjubow vor, illegal die Grenze übertreten zu haben, vor und schrieb ihn zur Fahndung aus.
Flucht mit gefälschtem Pass
"Der Oligarch ist am 24. Juni 2024 in Begleitung eines nahen Verwandten mit dem Zug 'Kiew-Chełm' (nach Polen, Anm.) ausgereist, obwohl er laut ukrainischen Datenbanken die Grenze nicht überquerte", hieß es in einer Presseausendung des DBR.
Boholjubow habe dabei einen ungültigen Reisepass eines Ukrainers verwendet, der sich im Land aufhalte und die Ukraine nicht verlassen habe. Deshalb sei ein Ermittlungsverfahren wegen illegalen Grenzübertritts sowie der Aneignung des betreffenden Passes eingeleitet worden.
Die Rede war zudem von der Festnahme eines involvierten Offiziers des Grenzschutzes. Boholjubows nachfolgende Einreise in Polen sei indes regulär mit seinem eigenen Reisepass passiert, berichtete das Onlinemedium "Ukrajinska Prawda" mit Verweis auf geleakte Dokumente.
Interview: "Bin nach Wien geflogen, weiß aber nicht, wo ich leben werde"
Nach einem Aufenthalt in Großbritannien, wo der 62-jährige Unternehmer seine kranke Mutter besuchte, reiste er laut eigenen Angaben am Dienstag nach Wien weiter: "Ich bin heute nach Wien geflogen, weiß aber nicht, wo ich leben werde", sagte Boholjubow in einem in der Nacht auf Mittwoch veröffentlichten Telefoninterview mit der "Ukrajinska Prawda".
Er dementierte mit einem falschen Pass ausgereist zu sein, berichtete aber, dass er bereits 2023 Probleme mit der Ausreise gehabt habe: Bei einem versuchten Grenzübertritt sei ihm sein Reisepass entzogen und vernichtet worden, bei einem weiteren Versuch im vergangenen Jahr habe es nach anfänglichen Problemen dann doch noch geklappt.
Laut "Ukrajinska Prawda" hatte damals der Chef des ukrainischen Grenzschutzes in Kiew höchstpersönlich für den Oligarchen interveniert.
Wer ist Hennadij Boholjubow?
Beim laut Forbes rund eine Milliarde US-Dollar schweren Boholjubow handelt es sich um einen langjährigen Mitstreiter des ehemals äußerst einflussreichen Oligarchen Ihor Kolomojskyj, dessen Fernsehsender "1+1" bei der Wahl von Wolodimir Selenskij zum Präsidenten eine wichtige Rolle gespielt hatte.
2019 gab es zudem gegen beide Unternehmer einen US-amerikanischen Korruptionsverdacht, unabhängig davon befindet sich Kolomojskyj seit September 2023 im Zusammenhang mit mutmaßlichen Wirtschaftsverbrechen in ukrainischer Untersuchungshaft.
Die Vorwürfe beziehen sich unter anderem auf die 2016 zwangsverstaatlichte PrivatBank, die zuvor zu je 50 Prozent Kolomojskyj und Boholjubow gehört hatte. Gegen letzteren war bisher offiziell nicht ermittelt worden.
Konflikt mit Selenskij?
"Herr Boholjubow plant, Informationen zu veröffentlichen, wonach ihm vorgeschlagen worden sei, dass bei der Bezahlung von 100 Millionen Dollar keine Strafverfahren gegen ihn in der Ukraine eingeleitet würden", schrieb die Wochenzeitung "Dserkalo Tyschnja" am Dienstag mit Verweis auf anonyme Quellen.
Das Onlinemedium berichtete gleichzeitig von einem Konflikt mit dem Büro von Präsident Selenskij, das dem Unternehmer die Ausstellung eines für ihn als Familienmitglied vorgesehenen Diplomatenpasses versagt habe: Boholjubow habe als Ehemann der Diplomatin Emine Dschaparowa eigentlich Ende März gemeinsam mit ihr nach Österreich übersiedeln wollen.
Die ehemalige Vizeaußenministerin Dschaparowa war im Februar 2024 von Selenskij zur Ständigen Vertreterin der Ukraine bei den internationalen Organisationen in Wien ernannt worden, hat laut APA-Recherchen diesen Posten jedoch bisher nicht angetreten.
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