Über Kiew: Ukraine musste eigene Drohne abschießen

Über Kiew: Ukraine musste eigene Drohne abschießen
Das Militär verlor die Kontrolle über das unbemannte Gerät. So musste es vom Himmel geholt werden.

Die ukrainische Flugabwehr hat am Donnerstag über der Hauptstadt Kiew eine Drohne der eigenen Streitkräfte abgeschossen. Militärs hatten die Kontrolle über das unbemannte Flugobjekt verloren, teilte die Luftwaffe am Abend mit.

Um mögliche "unerwünschte Folgen" zu vermeiden, sei beschlossen worden, die Drohne vom türkischen Typ Bayraktar abzuschießen. "Es ist schade, aber so ist die Technik, und solche Fälle kommen vor", hieß es in der auf Telegram verbreiteten Erklärung.

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  • Selenskij in den Niederlanden
  • US-Geheimdienst besorgt über Bedrohungen aus China und Russland

In der Stadt war wegen des Flugobjekts kurzzeitig Luftalarm ausgelöst worden. Im Stadtzentrum waren Explosionen und Gewehrfeuer zu hören, wie Bewohner berichteten.

Die Militärbehörden forderten die Menschen auf, Ruhe zu bewahren und Schutzräume aufzusuchen. Die Flugabwehr sei im Einsatz, hieß es. Die Explosionen hörten nach etwa 15 bis 20 Minuten auf.

Über der Stadt hing eine schwarze Rauchwolke in der Luft. "Die feindliche Drohne wurde abgeschossen", erklärte zunächst der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskij, Andrij Jermak.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete von "Explosionen und Bränden" im Bezirk Solomjanskyj und warnte die Menschen vor etwaigen Drohnentrümmern.

Bereits in der Nacht auf Donnerstag hatte Russland ukrainischen Angaben zufolge bis zu 24 Kampfdrohnen gegen Ziele in der Ukraine eingesetzt, von denen 18 abgeschossen wurden.

Der Leiter der Kiewer Militärverwaltung, Serhij Popko, sagte, die Hauptstadt habe seit Anfang des Jahres nicht mehr eine "solche Intensität von Angriffen" wie in den vergangenen Tagen erlebt.

Schwere Kämpfe um Bachmut

Die russischen Streitkräfte haben ihre Angriffe in der Ostukraine am Donnerstag fortgesetzt. Einmal mehr sei die Stadt Bachmut im Brennpunkt des Geschehens gewesen, berichtete der ukrainische Generalstab am Abend in seinem Lagebericht.

Insgesamt seien bei Bachmut, Limansk und Marjinka rund 50 russische Angriffe zurückgeschlagen worden. "Die russischen Besatzungstruppen erleiden weiterhin schwere Verluste auf dem Schlachtfeld, und alle medizinischen Einrichtungen in den vorübergehend besetzten Gebieten sind mit verwundeten Besatzungssoldaten überfüllt", hieß es weiter. Die Angaben des Militärs konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Selenskij in den Niederlanden

Präsident Selenskij besuchte am Donnerstag die Niederlande. Dort forderte er unter anderem eine strafrechtliche Verfolgung Russlands wegen des Aggressionskrieges und Kriegsverbrechen. Ohne Gerechtigkeit sei kein Friede möglich, sagte er in Den Haag.

Selenskij lobte den Einsatz des Internationalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den Haag. Dieser hatte bereits kurz nach der russischen Invasion Ermittlungen eingeleitet und auch im März einen internationalen Haftbefehl gegen Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen erlassen.

Am Nachmittag wurde Selenskij von König Willem-Alexander empfangen. Er dankte dem niederländischen König „für die Unterstützung bei der Verteidigung unserer Freiheit“, wie das Präsidialamt in Kiew am Abend mitteilte.

„Seit den ersten Tagen des russischen Angriffs haben wir gespürt, dass die Niederlande und das gesamte niederländische Volk an der Seite der Ukraine stehen“, wurde Selenskij zitiert.

Anschließend besuchte Selenskij zusammen mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte einen Luftwaffenstützpunkt und traf dort ukrainische Soldaten, die sich zur Ausbildung in den Niederlanden aufhalten. Selenskij ließ sich die Waffen und Systeme zeigen, an denen die ukrainischen Soldaten ausgebildet werden.

„All dies bringt den Sieg näher, unseren gemeinsamen Sieg. Wir werden das russische Böse besiegen und unsere Freiheit, unsere gemeinsame europäische Lebensweise schützen“, sagte er.

US-Geheimdienst besorgt über Bedrohungen aus China und Russland

Der US-Geheimdienst warnte unterdessen davor, dass Staaten wie China oder Russland die auf „Regeln basierende internationale Ordnung“ umgestalten wollen.

Der Direktor des Verteidigungsnachrichtendiensts, Scott Berrier, nannte bei einer Anhörung im US-Kongress am Donnerstag den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, „Chinas militärisches Selbstbewusstsein“ im Indopazifik, eine „noch nie dagewesene Zahl nordkoreanischer Raketenstarts“ und „iranische Aktionen gegen die US-Streitkräfte im Nahen Osten“ als Beispiele dafür. Autoritäre Länder zeigten eine „größere Risikotoleranz“ gegenüber einer möglichen Eskalation.

Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines mahnte mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine, dass die Aussichten auf Zugeständnisse aus Moskau bei möglichen Verhandlungen aktuell gering seien.

Zu erwarten seien diese nur, wenn innenpolitische Schwächen das Denken von Kremlchef Wladimir Putin ändern würden. Es sei aber unwahrscheinlich, dass Russland in diesem Jahr in der Lage sein werde, eine bedeutende Offensivoperation auszuführen.

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