Russland und Ukraine tauschen Soldatenleichen aus + Kritik in Russland an langen Kriegseinsätzen

Die Ukraine und Russland haben erneut die sterblichen Überreste von Soldaten ausgetauscht. Der ukrainischen Seite seien die Leichen von 94 ukrainischen Soldaten übergeben worden, teilte der Kiewer Koordinationsstab für die Belange von Kriegsgefangenen am Montag bei Telegram mit.
Der Austausch sei unter Vermittlung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zustande gekommen.
Wie viele Leichen die russische Seite erhielt und wo der Austausch stattfand, wurde nicht mitgeteilt. Die Ukraine wehrt seit knapp 21 Monaten eine russische Invasion ab. Der gelegentliche Austausch toter Soldaten oder manchmal von Gefangenen ist einer der wenigen Kontakte zwischen den verfeindeten Seiten.
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Weiters in diesem Artikel:
- In Russland regt sich Kritik an langen Kriegseinsätzen
- Dutzende Angriffe abgewehrt
- US-Verteidigungsminister in Kiew auf Besuch
- Ukraine kann linkes Dnipro-Ufer halten
- Ukrainische Drohne über Moskau abgefangen
- Ukrainische Armee: Neue Leiterin der medizinischen Abteilung
In Russland regt sich Kritik an langen Kriegseinsätzen
Bei russischen Soldaten und ihren Angehörigen wächst nach Einschätzung britischer Experten die Kritik an langen Einsätzen in der Ukraine. Das geht aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine hervor. Demnach gingen am 7. November wohl erstmals seit dem Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 Frauen von Soldaten in Moskau aus Protest auf die Straße und forderten mehr Rotation an der Front.
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Zwar sei die Demonstration innerhalb weniger Minuten von der Polizei beendet worden, doch die Forderung sei bemerkenswert, hieß es in der Mitteilung der Briten. "Der anscheinend unbegrenzte Kampfeinsatz von Personal ohne Rotation wird zunehmend von den Soldaten selbst als auch deren Angehörigen als nicht nachhaltig betrachtet", so die Mitteilung.
Dutzende Angriffe abgewehrt
Seit 21 Monaten kämpft die Ukraine gegen die russischen Invasoren. Seit Wochen versuchen russische, die ukrainischen Verteidiger in der Stadt Awdijiwka einzukesseln.
Nach zwei Nächten mit schweren russischen Luftangriffen war es den ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht auf Montag ruhig. Das nasse Herbstwetter macht beiden Seiten aktuell das Kämpfen schwer.
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Dennoch hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben an der fast 1.000 Kilometer langen Front im Osten und Süden erneut Dutzende russischer Angriffe abgewehrt. Der Lagebericht des Generalstabs in Kiew von Montagmorgen verzeichnete für Sonntag 46 russische Sturmangriffe. Sie seien alle zurückgeschlagen worden, hieß es.
Der ukrainische Generalstab gab die aktuellen Schwerpunkte der Kämpfe in den Städten Marjinka (16 russische Angriffe) und Awdijiwka (12 Angriffe) nahe der russisch kontrollierten Donbass-Hauptstadt Donezk an. Diese Militärangaben sind nicht unabhängig überprüfbar. Allerdings lassen die genannten Zahlen der Einzelgefechte jeweils auf die Intensität der Kämpfe schließen. Internationale Beobachter wie das Institut für Kriegsstudien in den USA (ISW) bestätigten die heftigen Kämpfe um Awdijiwka.
US-Verteidigungsminister in Kiew auf Besuch
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin traf unterdessen zu einem Besuch in Kiew ein. "Ich bin hier, um eine wichtige Botschaft zu überbringen", schrieb Austin auf X. "Die Vereinigten Staaten werden weiterhin an der Seite der Ukraine in ihrem Kampf für Freiheit gegen die russischen Aggressoren stehen, heute und in der Zukunft."
Schon am Vortag hatte Austin nach Pentagon-Angaben mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umjerow telefoniert. Sie bereiteten die kommenden Beratungen der Länder vor, die die Ukraine militärisch unterstützen. Das sogenannte Ramstein-Format tagt am kommenden Mittwoch (22. November) als Video-Konferenz.
Mit Austin kam der Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, General Christopher Cavoli, nach Kiew, wie Botschafterin Bridget Brink mitteilte.
Ukraine kann linkes Dnipro-Ufer halten
Das ukrainische Militär setzt sich eigenen Angaben zufolge in der umkämpften Region Cherson südöstlich des Flusses Dnipro fest.
"Die Verteidigungskräfte halten weiterhin Stellungen am linken Ufer des Dnipro in der Region Cherson", teilte der Generalstab am Sonntagabend auf Facebook mit.
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Zuvor hatte die Sprecherin der Kommandostelle Süd, Natalja Humenjuk, gesagt, die ukrainischen Armee habe die Russen am bis vor kurzem noch vollständig besetzten linken Ufer nun schon drei bis acht Kilometer vom Fluss weggedrängt.
Auch internationale Beobachter hatten zuletzt von Vorstößen der Ukrainer in dem Gebiet berichtet.
Cherson in der Südukraine war kurz nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 größtenteils besetzt worden.
Im November vergangenen Jahres dann gelang es der ukrainischen Armee, die auf der rechten Flussseite gelegenen Teile des Gebiets zu befreien - darunter auch die gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson.
Die Orte auf der linken Flussseite aber hielten die Russen weiterhin besetzt.
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Ukrainische Drohne über Moskau abgefangen
Wenig erfolgreich scheint indes der ukrainische Drohnenkrieg gegen Russland zu sein. Wie der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin am Sonntagabend mitteilte, wurde eine Drohne im Anflug auf die russische Hauptstadt abgefangen.
Der Abschuss erfolgte im Stadtviertel Elektrostal im Osten Moskaus. Es habe keine Schäden oder Opfer durch Trümmer gegeben, so Sobjanin.
Ukrainische Armee: Neue Leiterin der medizinischen Abteilung
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij verkündete am Sonntagabend die Entlassung der Leiterin der medizinischen Abteilung in der ukrainischen Armee. Die Position von Generalmajorin Tetjana Ostaschtschenko werde künftig Anatolij Kasmirtschuk übernehmen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Kasmirtschuk leitete bisher das nationale Militärkrankenhaus in Kiew. "Es bedarf eines fundamental neuen Levels von medizinischer Unterstützung für unser Militär", fügte der Staatschef hinzu. Genauer erläuterte er die Entscheidung zunächst nicht.
Ostaschtschenko war im Jahr 2021 - also noch vor Kriegsbeginn - zur Befehlshaberin des Kommandos Medizinische Kräfte der ukrainischen Armee ernannt worden. Sie war die erste Frau in dieser Position.
Zuletzt aber häuften sich offenbar Beschwerden von Militärärzten und Sanitätern an ihrer Arbeit. Vor rund einer Woche dann berichtete das Internetportal "Ukrajinska Prawda", Verteidigungsminister Rustem Umjerow erwäge, die Entlassung der Generalmajorin zu beantragen.
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