Ukraine-Krieg: Bislang mehr als 1.000 verletzte und getötete Kinder

Ukraine-Krieg: Bislang mehr als 1.000 verletzte und getötete Kinder
Hunderte Menschen in der Region Cherson wurden während der russischen Besatzung festgenommen oder sind verschwunden.

In dem von Russland geführten Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach ukrainischen Angaben weit mehr als 1.000 Kinder gestorben oder verletzt worden. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft zählt bisher 437 getötete Kinder. Mehr als 837 Kinder seien verletzt worden. Die Zählung sei vorläufig, weil man noch nicht alle Informationen aus Kampfgebieten und von der ukrainischen Armee zurückeroberten Regionen auswerten habe können.

Die Vereinten Nationen (UN) hatten in einer vorläufigen Statistik bisher 16.295 Zivilisten gezählt, die seit der russischen Invasion vom 24. Februar getötet wurden.

Vor gut einer Woche hat das US-Militär Opferzahlen geschätzt. US-Armeegeneral Mark Milley sprach von weit mehr als 100.000 getöteten und verletzten russischen Soldaten. Auf ukrainischer Seite müsse mit ebenso vielen Opfern gerechnet werden, hinzu kämen 40.000 Zivilisten. Die Zahlen sind die genausten, die die USA bisher veröffentlicht haben. Sie konnten jedoch nicht unabhängig geprüft werden.

Hunderte Menschen in der Region Cherson wurden während der russischen Besatzung festgenommen oder sind verschwunden. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der amerikanischen Yale Universität, die vom US-Außenministerium gefördert wurde. 

226 rechtswidrige Festnahmen und Fälle gewaltsamen Verschwindenlassens wurden gezählt. Etwa ein Viertel der Menschen wurde mutmaßlich gefoltert, vier von ihnen starben in Gefangenschaft.

Hinter den meisten Fällen steckten dem Bericht zufolge das russische Militär und der russische Geheimdienst FSB. Bei den Betroffenen handelte es sich demnach um Männer im wehrfähigen Alter, darunter Beamte, Lehrer, Strafverfolgungsbeamte und Journalisten.

Zudem werden Quellen zitiert, wonach die russischen Besatzer nach der Einnahme von Cherson im März mit Listen von Namen und Autokennzeichen Menschen ins Visier nahmen, von denen sie glaubten, dass sie sich ihnen widersetzen könnten.

Einige der Festgenommenen seien zwar freigelassen worden, viele weitere würden jedoch weiterhin festgehalten oder vermisst, seit sich die russischen Streitkräfte am 11. November aus Cherson zurückgezogen haben.

Schwere Kämpfe im Donezk

Die schweren Kämpfe zwischen russischen und ukrainischen Truppen im ostukrainischen Gebiet Donezk dauern nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskij an. Es gebe „weder eine Entspannung noch eine Atempause“, sagte Selenskij am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Etwa 100 russische Angriffe seien am Vortag in der Region Donezk abgewehrt worden.

Die ukrainischen Truppen würden durch Grenzschutzeinheiten aus Charkiw und Sumy unterstützt. Eine Brigade der Nationalgarde kämpfe in Bachmut. „Wir werden dem Feind in keinem der Frontgebiete nachgeben“, sagte Selenskij. „Wir reagieren überall, wir halten unsere Positionen überall.“

Russlands Armee hatte Donezk in größeren Teilen erobert und im September - ebenso wie das Nachbargebiet Luhansk sowie Saporischschja und Cherson im Süden - völkerrechtswidrig annektiert. Die Gebietshauptstadt Cherson und das Gebiet nordwestlich des Flusses Dnipro räumte die russische Armee unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven inzwischen. Auch aus Saporischschja meldeten die Behörden am späten Freitagabend einen russischen Raketenangriff auf einen Industriekomplex.

Trotz der heftigen Gefechte im Kohle- und Stahlrevier Donbass verändert sich der Frontverlauf derzeit kaum, wie aus den militärischen Lageberichten beider Seiten hervorging. In den fast neun Monaten seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar haben die russischen Kräfte dort nur geringe Geländegewinne erzielt. Einige der durch den Abzug aus Cherson frei gewordenen Kräfte verlegte Russland nach ukrainischen Angaben in die Ostukraine, um dort die Angriffe zu verstärken.

Ukrainisches Stromnetz wird repariert

Nach den massiven russischen Angriffen auf die ukrainischen Energie- und Elektrizitätssysteme versuchen nach Worten Selenskys Techniker im ganzen Land, die Stromversorgung wiederherzustellen. Aus diesem Grund sei die Zahl der außerplanmäßigen Stromabschaltungen bereits wesentlich geringer geworden. In 17 Regionen und der Hauptstadt Kiew sei die Stromversorgung aber nach wie vor schwierig. Unter anderem seien die Regionen Kiew, Odessa, Winnyzja und Ternopil in einer „sehr schwierigen Lage“.

Die russischen Raketenangriffe beschädigten das ukrainische Stromnetz anscheinend stärker als bisher bekannt. „Beinahe die Hälfte unseres Energiesystems ist ausgefallen“, sagte Regierungschef Denys Schmyhal auf einer Pressekonferenz mit dem EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis. Die Ukraine benötige daher zusätzliche Unterstützung von der Europäischen Union im Energiebereich und auch finanziell. Der Netzbetreiber Ukrenerho teilte mit, dass es auch am Samstag landesweit zu planmäßigen Stromabschaltungen kommen werde.

30 Prozent des ukrainischen Territoriums vermint

Rund 30 Prozent des Territoriums der Ukraine sind infolge des russischen Angriffskrieges nach Kiewer Angaben vermint. Das entspreche etwa der doppelten Größe Österreichs, teilte der Staatliche Notfalldienst mit.

In den Regionen Cherson und Mykolajiw werde die Räumung von Sprengkörpern fortgesetzt. Mehr als 8.000 Quadratkilometer sollen entmint werden.

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