Poroschenko und Putin: Handschlag in Minsk
Es war weit nach 22:00 Uhr Ortszeit, als im weißrussischen Minsk das Vier-Augen-Gespräch zwischen den Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, begann. Ob es überhaupt dazu kommen würde, war bis zur letzten Minute unklar.
Details des Gespräches wurden zunächst nicht bekannt. Laut Putins Pressechef sprachen die Politiker, die sich zuvor mit Handschlag begrüßt hatten, über weitere russische Hilfslieferungen, Flüchtlinge und andere Aspekte der "inner-ukrainischen Krise". Moskau legte Wert auf die Feststellung, dass es sich bei der Krise im Südosten der Ukraine um einen internen Konflikt handelt, in den Russland nicht involviert ist. Putin und Poroschenko trafen sich nach vierstündigen Konsultationen, an denen auch die EU-Außenbeauftragte Ashton, die EU-Kommissare für Energie und Handel, Oettinger und de Gucht, sowie die Präsidenten Weißrusslands und Kasachstans teilnahmen. Die zwei Staaten sind Mitglieder einer von Russland geführten Zollunion. Diese befürchtet Schäden für ihre Volkswirtschaften durch das Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der Europäischen Union. EU-Waren, die die Ukraine künftig zollfrei einführen darf, werden – da im gesamten postsowjetischen Raum eine Freihandelszone gilt – auch in den Staaten der Zollunion konkurrenzlos billig sein.
Allein Russland, so sagte Putin, würden dadurch Verluste von bis zu 100 Milliarden Rubel – gut zwei Mrd. Euro – entstehen, der Ukraine selbst noch erheblich größere: Die Zollunion müsse die Wirtschaftspartnerschaft mit Kiew "in einer ganzen Reihe von Branchen" beenden. Poroschenko schlug die Einsetzung einer Arbeitsgruppe vor, die untersuchen soll, wie hoch der Schaden real ausfällt, der der Zollunion entsteht.
Zu möglichen Lösungsansätzen hatten Montagabend schon Experten verhandelt. Der Ton, lobte Russlands Außenminister Lawrow, sei "sachlich" gewesen.
Feindseligkeiten
Der Durchbruch beim politischen Krisenmanagement indes blieb, wie befürchtet, aus. Poroschenko warb für seinen schon beim Amtsantritt Ende Mai vorgestellten und längst überholten Friedensplan für die Ostukraine und erklärte sich zudem bereit, "die unterschiedlichsten Varianten" für eine Beilegung der Krise zu erörtern. Diese, so Putin, könne nur durch friedlichen Dialog beendet werden, nicht mit Gewalt. Doch ausgerechnet am Vortag des Gipfels waren die Feindseligkeiten eskaliert.
Die Ukraine verhaftete auf ihrem Territorium zehn russische Fallschirmjäger, die die Grenze laut Moskau "aus Versehen" überquert hatten. Zudem, so Kiew, habe man eine in die Ukraine eingedrungene Kolonne russischer Panzerfahrzeuge vernichtet. Moskau sprach von einer "Eskalation des Informationskrieges gegen Russland" und verlangte Beweise, die bisher weder Kiew noch Washington vorlegen konnten.
Immerhin will sich die Ukraine-Kontaktgruppe bestehend aus Ukraine, Russland und der OSZE künftig regelmäßig in Minsk treffen. Die erste Runde, so Gastgeber Lukaschenko, könnte schon heute, Mittwoch, stattfinden.
Dialog und Eskalation
Greifbare Fortschritte indes gab es nur im Nano-Bereich. Zwar appellierte Poroschenko an die Vertreter der EU und seine Amtskollegen aus den Staaten der Zollunion, seinen Friedensplan für die Ostukraine zu unterstützen. Details sind derzeit noch nicht bekannt. Auch sei er, Poroschenko, bereit, "die unterschiedlichsten Varianten" für eine Beilegung der Krise zu erörtern. Diese, so Wladimir Putin zuvor, könne nur durch friedlichen Dialog beendet werden, nicht mit Gewalt.
Doch ausgerechnet am Vortag waren die Feindseligkeiten weiter eskaliert. Moskau hatte die Entsendung eines weiteren Hilfskonvois für die Ostukraine Mitte der Woche bekannt gegeben. Kiew verweigerte die Zustimmung und argwöhnt Tarnung für eine militärische Intervention.
Einschlägige Vorwürfe gab es auch vom Westen. Moskau sprach von einer "Eskalation des Informationskrieges gegen Russland". Dafür, dass Montag eine in die Ukraine eingedrungene Kolonne russischer Panzerfahrzeuge von der ukrainischen Artillerie vernichtet wurde, gäbe es keine Beweise. Von der Ukraine festgenommene russische Soldaten hätten die Grenze "aus Versehen" überquert, Kiew wie Washington würden sich bei ihren Schuldzuweisungen nur auf Augenzeugenberichte berufen.
Die Hoffnungen auf einen Durchbruch in Minsk waren so bei allen Akteuren trotz vieler Worte von Anfang an begrenzt.
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