TV-Duell der Stellvertreter: Unentschieden
Statt ihrer Chefs wurden vergangene Nacht Joe Biden und Paul Ryan in die Arena für politische Gladiatorenkämpfe geschickt - und haben die Erwartungen an sie wohl weitgehend erfüllt. Mit dem Auftrag, die Schlappe Präsident Obamas bei seinem TV-Duell in der Vorwoche vergessen zu lassen, war dessen Vize Joe Biden in die Fernsehdebatte gezogen. Dessen republikanisches Gegenüber, Paul Ryan wiederum sollte sich so gut schlagen, dass er seinen Boss Mitt Romney weiter auf der Überholspur hält. Mission completed, und zwar für beide Seiten – so viel lässt sich unmittelbar nach einem eineinhalbstündigen, spannenden, lebhaften und inspiriertem Schlagabtausch sagen.
Einen klaren Sieger hat dieses Duell nicht gebracht: Biden debattierte sich professionell, angriffslustig, souverän und leidenschaftlich durch seinen Medienauftritt, genauso, wie es Obama eigentlich hätte schon vor einer Woche machen müssen. Zweifellos können die Demokraten nun wieder aufatmen. Mit seinem überzeugenden Auftritt machte der Vizepräsident wieder Boden wett – doch ganz sicher nicht in dem Ausmaß, der er erwarten lassen kann, das Ruder sei nun wieder für Obama herumgerissen. Völlig konträr im Stil und Auftreten machte aber auch Romneys Vize, der junge Paul Ryan, seine Punkte. Zumindest so viel, seinen republikanischen Chef gut im Präsidentenrennen zu halten.
Gewinner des harten Schlagabtausches zwischen den beiden Stellvertretern aber waren mit Sicherheit die Zuseher. Die bekamen ein intelligentes, auf hohem Niveau geführtes Rededuell geliefert – auch wenn die wichtigsten Themen wie Steuern, Wirtschaft, Budget- und Außenpolitik eher in Slogans untergingen als klare Antworten zu geben. Doch das war ohnehin nie der Auftrag dieser einzigen Debatte zwischen den Vize-Präsidentschaftskandidaten. Vielmehr hatten auch sie jene fünf bis sechs Prozent jener amerikanischen Wähler anzusprechen, die knapp einen Monat vor der Wahl noch immer unentschlossen sind. Diese werden die Wahl entscheiden – zwischen zwei in etwa gleich großen politischen Lagern. Ob sie sich gestern Nacht vom Demokraten Joe Biden überzeugen ließen oder eher vom Republikaner Paul Ryan – für die Wahl wird dies kaum von Belang sein. Denn Amerikaner wählen, das haben bisher alle Debatten zwischen Vizepräsidentschaftskandidaten bewiesen, ihren Präsidenten – und nicht dessen Stellvertreter.
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