EU schließt sich Erdogan-Kritikern an
Die Polizei ist in der türkischen Hauptstadt Ankara am Sonntag erneut gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Die Beamten setzten am Abend Wasserwerfer, Tränengas und Schlagstöcke ein, um mehrere tausend Protestierer vom zentralen Kizilay-Platz zu vertreiben, berichteten Aktivisten und türkische Medien. Die Demonstranten flüchteten sich in Seitenstraßen. Unterdessen zeigte sich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton besorgt über die Lage in der Türkei und erinnerte an die Kriterien für einen EU-Beitritt.
Zuvor hatten sich auch tausende Fans der drei großen Fußballklubs der Metropole den Forderungen nach einem Rücktritt Erdogans angeschlossen. Kritik kommt mittlerweile auch von der Polizeigewerkschaft: Die Beamten seien zu 120 Stunden-Diensten gezwungen, sechs von ihnen hätten bereits Selbstmord begangen, hieß es am Sonntag.
Ashton erinnert an Kriterien für EU-Beitritt
Die Europäische Union hat die Regierung der Türkei daran erinnert, dass zwischen dem Umgang mit Oppositionellen und dem Wunsch Ankaras auf einen Beitritt zur EU ein Zusammenhang besteht. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich in einer am Sonntag in Brüssel veröffentlichten Erklärung "weiterhin besorgt über die Lage in der Türkei". Sie forderte "Mäßigung von allen Seiten". Ein "offenes und nachhaltiges Engagement" der Regierung sei nötig, um "die Demokratie zu stärken, Vertrauen zu schaffen und eine Eskalation zu verhindern".
Ashton erklärte, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und deren Verpflichtung gegenüber den sogenannten "Kopenhagen-Kriterien" von Demokratie, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit seien der Rahmen für die Garantie von Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle Bürger. Soziale Netzwerke dürften nicht unter willkürlichen Druck geraten. Einschränkungen seien nur in den Grenzen der Europäischen Menschenrechtskonvention möglich. "Die EU ist voll und ganz entschlossen, den Dialog mit der Türkei über diese wichtigen Fragen zu verstärken und auf diese Weise im Beitrittsprozess der Türkei weitere Fortschritte zu machen", formulierte Ashton.
Erdogan plant große Gegendemo
Unterdessen mobilisiert Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Anhänger. Er rief seine Sympathisanten am Sonntagabend zu regierungsfreundlichen Kundgebungen für das kommende Wochenende auf. "Steht ihr am Samstag für ein großes Treffen in Ankara bereit? Am nächsten Tag kommen wir dann in Istanbul zusammen", sagte Erdogan vor einer jubelnden Menschenmenge in Ankara.
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