Stichwahl in der Türkei: Showdown der Nationalisten

Stichwahl in der Türkei: Showdown der Nationalisten
Oppositionsführer Kılıçdaroğlu versuchte, mit Hetze gegen Flüchtlinge den Abstand zu Erdoğan aufzuholen. Ist ihm das gelungen?

Die Enttäuschung wog schwer. "Ich bin wirklich deprimiert. Ich will meine Heimat nicht verlassen, aber wenn alles so bleibt, wie es ist, kann ich nicht länger hier bleiben", schilderte die Studentin Gizem aus Istanbul dem KURIER wenige Tage nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vor zwei Wochen.

Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu war zu dem Zeitpunkt kurzzeitig aus der Öffentlichkeit verschwunden, meldete sich nur via Twitter zu Wort. Dort postete er, um seine Anhänger nicht komplett verloren zurückzulassen, ein Video aus seinem Büro, in dem er klarstellte, "Ich bin hier", und mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. Rückblickend betrachtet leitete dieser energische Schlag auf die Tischplatte wohl den harten Richtungswechsel ein, den er in den darauffolgenden Tagen einschlug.

Als Kılıçdaroğlu in die Öffentlichkeit zurückkehrte, fiel es schwer, den Oppositionsführer wiederzuerkennen. Vorbei war es mit dem ruhigen, besonnenen "Anti-Erdoğan", dem türkischen "Gandhi", der seine Botschaften aus seiner Küche schickte und Einheit und Konsens propagierte. Das Herz, das er zuvor bei all seinen Auftritten mit den Fingern geformt hatte, war Vergangenheit.

Kommentare