Türkei-Deal: Griechen warten noch auf Helfer

Flüchtlinge versuchen trotz des Türkei-Deals weiterhin nach Griechenland zu gelangen. Die Lager sind überfüllt, im Hafen von Piräus schlafen Tausende. Die Hilfe der EU kommt nur langsam.

Es würde für niemanden mehr Sinn machen, Schlepper für die gefährliche Seereise nach Europa zu zahlen, wenn mit 20. März alle wieder zurück in die Türkei geschickt werden: So die Theorie des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei. Die Praxis sieht vorerst anders aus: 875 Menschen kamen in der Nacht auf Sonntag auf griechischen Inseln an, im Laufe des Sonntags waren es weitere 1662. Manche Flüchtlinge behaupten, sie wüssten nichts von dem Deal. Andere wollten trotzdem versuchen, irgendwie nach Mittel- und Nordeuropa zu kommen, berichten griechische Medien.

"Es ist noch alles offen", so antwortete eine Regierungsquelle dem KURIER auf die Frage, was die Neuankömmlinge in Griechenland erwartet. Laut Pakt sollte die Rückführung in die Türkei am 4. April beginnen. Die ersten türkischen Beamten, die dabei helfen sollen, sind am Montag auf den Inseln Lesbos und Chios angekommen.

2300 Experten erwartet

Weitere 2300 Experten aus EU-Ländern – darunter Polizisten, Asylexperten und Dolmetscher – sollen den Griechen bei der Bewältigung der Asylbewerbungen helfen. Aber gestern wusste in Athen niemand, wann man mit dieser Hilfe rechnen kann. "Nicht einmal die Zahl der Beamten steht im Moment für uns fest", hieß es in Regierungskreisen. Der Sprecher für Flüchtlingsfragen, Giorgos Kyritsis, meinte, er hoffe, die Osterferien würden die Arbeit nicht verlangsamen. "In den kommenden Tagen werden wir ein besseres Bild bekommen, wie alles unter dem neuen Abkommen ablaufen soll. Es ist eben ein neues und sehr rasch verabschiedetes Abkommen", erfuhr der KURIER aus der Regierung in Athen.

Mittlerweile warten 50.441 Menschen in ganz Griechenland auf ein Asylverfahren. Andere EU-Länder sollten laut einer früheren Vereinbarung 66.000 Asylsuchende aus Griechenland übernehmen – bis jetzt waren es 800.

Griechenland, ohnehin seit Jahren in der Krise, muss laufend neue Unterkünfte errichten. Die Registrierungszentren auf den Inseln seien voll. In den Gebäuden, die nur für kurze Aufenthalte gedacht sind, mussten 8000 Menschen tagelang bleiben. Die Hälfte konnte nun mit Fähren nach Athen und Thessaloniki fahren. Aber auch dort ist die Lage nicht besser. Im Hafen von Piräus schlafen schon mehr als 5000 Flüchtlinge. 1200 Menschen, die man auf einem früheren Militärflughafen im Norden Griechenlands untergebracht hat, hatten dort weder Strom noch eine Heizung. Viele Kinder wurden krank, 150 Menschen wurden daraufhin irgendwo in Thessaloniki und Athen untergebracht.

"Modernes Dachau"

Im Zeltlager in Idomeni an der mazedonischen Grenze harren noch immer 12.000 Menschen aus. Innenminister Panagiotis Kouroumblis hat die Lebensbedingungen dort mit denen eines Nazi-Lagers verglichen: "Die Lage hier erinnert mich an ein modernes Dachau, und das ist das Ergebnis der geschlossenen Grenzen."

Kommentare