Tsipras rüstet verbal ab – Juncker will auf ihn zugehen

Griechenlands Premier will in Brüssel mit der EU-Spitze über eine Schuldenerleichterung verhandeln.

Mit Krisen kennt sich Jean-Claude Juncker aus. Jetzt macht der EU-Kommissionspräsident die Verhandlungen mit dem selbst- und machtbewussten griechischen Premier zur Chefsache. Mittwoch um 9.30 Uhr empfängt er Alexis Tsipras. Juncker will sich in Ruhe seine Pläne zur Lösung der Schuldenkrise anhören. "Es gibt viele Widersprüche in den griechischen Wortmeldungen", heißt es im Juncker-Kabinett.

Nach dem Debakel des Eurogruppen-Vorsitzenden Jeroen Dijsselbloeom beim Treffen mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis in Athen soll es keine diplomatischen Unfälle mehr geben. Juncker, ein Meister des Kompromisses, will auf die Griechen zugehen.

Aus für die Troika

Die Troika (Gremium aus Internationalem Währungsfonds, EZB und EU-Kommission), die Athen stren-ge Sparauflagen macht, soll laut Juncker abgeschafft werden. "Es wäre eine Provokation, die Troika in dieser Form noch einmal nach Griechenland zu schicken", heißt es in Brüssel. Die Troika könnte auch durch Kontrollen der Eurogruppe ersetzt werden. Auch der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs will, dass die EZB aus der Troika ausscheidet.

Dem ursprünglichen Wunsch von Hellas nach einem Schuldenschnitt wollen Kommission und EU-Regierungen nicht stattgeben. In einem Interview mit der Financial Times schloss Varoufakis einen Kompromiss nicht aus. Man werde auch nicht mehr den kompletten Erlass der Auslandsschulden (315 Milliarden) sondern eine Umschuldung fordern – um damit die Belastung erträglich zu machen.

Am Montag zeigte auch US-Präsident Obama Verständnis für das Abweichen der neuen griechischen Regierung vom strengen Sparkurs. "Sie können Länder, die sich inmitten einer Depression befinden, nicht immer weiter ausquetschen", sagte Obama in einem CNN-Interview.

In Berlin will man von einem Rückzug der Troika und einem Nachgeben gegenüber Athen nichts wissen. Kohärent ist die Linie der Deutschen aber auch nicht: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht von europäischer Solidarität, wenn Griechenland substanzielle Reformen anpackt, Finanzminister Wolfgang Schäuble beharrt auf Härte.

Tsipras und Varoufakis werben derzeit in den EU-Metropolen für ihre Ziele. Der Premier beschwört, dass er mit der EU erfolgreich verhandeln und alle Vereinbarungen erfüllen wolle. Russland-Kredite kämen für ihn nicht infrage. Der Kampf gegen Korruption und Klientelismus sei für ihn prioritär, das soll helfen, Investoren anzulocken. Der Aktienmarkt Griechenlands hat mit deutlichen Gewinnen auf versöhnlichere Töne des neuen Ministerpräsidenten reagiert.

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