Truss hat britischen Finanzminister entlassen

British PM Truss sacks Chancellor Kwarteng
Truss hat Kwarteng aufgefordert, zurückzutreten. Die Anzeichen für weitere Kehrtwende in der britischen Wirtschaftspolitik verdichten sich.

Der britische Finanzminister Kwasi Kwarteng ist zurückgetreten. Er habe dies getan, nachdem Premierministerin Liz Truss ihn dazu aufgefordert habe, erklärte Kwarteng am Freitag. "Sie haben mich aufgefordert, als Ihr Finanzminister zurückzutreten. Ich habe akzeptiert." Er werde Truss und seinen Nachfolger unterstützten. Die Vorstellungen von Truss seien die richtigen, schreibt er auf Twitter.

Zuvor hatten mehrere britische Medien wie die Sender BBC und Sky News sowie die Zeitungen Times und Sun in London am Freitag berichtet, Kwarteng sei entlassen worden. Der Schritt kommt kurz vor einer erwarteten Kehrtwende bei den geplanten Steuerplänen der Regierung. Truss steht nur gut fünf Wochen nach ihrem Amtsantritt in ihrer eigenen Partei massiv unter Druck.

Damit ist Kwarteng der am zweitkürzesten dienende britische Finanzminister in der Geschichte. Seit 2019 hat das Vereinigte Königreich vier Finanzminister erlebt.

Putsch-Gerüchte

Kwarteng flog vorzeitig vom Jahrestreffen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Washington zurück nach London, wie mehrere Medien am Freitag berichteten. Dort wollte er demnach mit Premierministerin Liz Truss besprechen, ob ein weiterer Teil seines Haushaltsplans zurückgenommen wird.

Die Premierministerin will noch am Nachmittag vor die Presse treten. Erwartet wird, dass sie große Teile ihrer erst kürzlich angekündigten Steuerpläne, die zu großen Wirtschaftsturbulenzen geführt haben, wieder zurücknehmen wird.

Truss und Kwarteng stehen in ihrer Konservativen Partei erheblich in der Kritik. Wie die Zeitung Times berichtete, soll es bereits Gespräche geben, Truss nach nur gut einem Monat im Amt zu stürzen. Möglich sei auch ein Pakt zwischen Ex-Finanzminister Rishi Sunak und der Tory-Spitzenpolitikerin Penny Mordaunt, berichtete die Times  unter Berufung auf ranghohe Parteimitglieder. Beide waren im internen Wettkampf um die Parteispitze an Truss gescheitert. Ein "Ältestenrat" aus Dutzenden ehemaligen Kabinettsmitgliedern sei bereit, Truss zur Aufgabe aufzufordern.

Der Premierministerin schlägt seit Wochen harte Kritik entgegen. Anlass ist der nur mit Schulden finanzierte Haushalt von Finanzminister Kwarteng, der heftige Marktturbulenzen ausgelöst hatte. Die britische Notenbank sah sich gezwungen, mit Anleihekäufen am Markt zu intervenieren. Nach heftigen Protesten auch von führenden Tories nahmen Truss und Kwarteng die Streichung des Spitzensteuersatzes wieder zurück.

Britain's Prime Minister Liz Truss attends PMQs

Premierministerin Truss steht in scharfer Kritik - sogar innerhalb ihrer Partei.

Nun dürfte eine weitere Kehrtwende anstehen: Wie die Zeitung Guardian schrieb, wollen Truss und Kwarteng die für April geplante deutliche Anhebung der Unternehmensteuer doch nicht zurückzunehmen. Die Premierministerin hatte wiederholt betont, die noch von ihrem Vorgänger Boris Johnson beschlossene Erhöhung von 19 auf 25 Prozent wieder zu streichen.

Mehrheit gegen Truss

Die Märkte reagierten positiv, doch bei den Wählerinnen und Wählern scheint Truss auf keinen grünen Zweig mehr zu kommen. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov für die Times sprachen sich 50 Prozent gegen Truss aus, nur 9 Prozent stellten sich hinter die Regierungschefin.

Kwarteng könnte das Bauernopfer sein, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Wieviel Luft dies Truss verschafft, die mit einem möglichen Putsch in ihrer eigenen Partei konfrontiert ist, bleibt abzuwarten."

Es müsse innerhalb von 48 Stunden einen Kurswechsel geben, um wieder Vertrauen an den Finanzmärkten aufzubauen, sagte der konservative Abgeordnete Mel Stride der BBC. "Und ich denke das bedeutet, jetzt etwas zu machen." Stride hatte nach dem Rückzug von Boris Johnson als Premierminister den früheren Finanzminister Rishi Sunak als möglichen Nachfolger unterstützt. Dieser steht für eine weniger aggressive Finanzpolitik.

Auch Investoren setzten auf eine Kehrtwende der Regierung. Sie deckten sich wieder mit britischen Bonds ein und drückten dadurch die Rendite der zehnjährigen Titel auf 3,974 Prozent. Beim Pfund Sterling machten einige Investoren dagegen Kasse. Es verbilligte sich auf 1,1287 Dollar, nachdem es in den vergangenen Tagen rund fünf US-Cent zugelegt hatte.

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