"Trumps Wahl ist ein Weckruf für Europa"

Hugo Portisch analysiert Trumps politischen Stil
Der Außnahmejournalist Hugo Portisch widmet sich in "Leben mit Trump – Ein Weckruf" den weltpolitischen Fragen unserer Zeit. Der KURIER warf einen Blick hinein.

Wie werden die amerikanisch-russischen Beziehungen künftig aussehen? Welche Handlungen sollte die Europäische Union setzen? Was kommt auf die Welt unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump zu?

Diesen und anderen Fragen widmet sich der langjährige KURIER-Chefredakteur und Ausnahmejournalist Hugo Portisch in seinem neuen Buch "Leben mit Trump – Ein Weckruf", das heute, Samstag, bei Ecowin erscheint. Der KURIER präsentiert Auszüge aus dem Werk.

Historischer Überblick

Auf 78 Seiten skizziert Portisch die weltpolitische Lage und macht sich Gedanken über die möglichen globalen Umwälzungen, die unter Trump geschehen könnten.

Einleitend beschreibt er die Eindrücke, die er von den Vorgängern Trumps gewonnen hatte – von Kennedy bis Obama. Schnell wird klar, dass jeder US-Präsident seinen eigenen Regierungsstil vertrat, dies jedoch unter der Wahrung gewisser Prinzipien. Für Portisch hat Trump diese Prinzipien bereits im Wahlkampf abgelegt:

Political Correctness, gab Donald Trump offen zu, dafür habe er ,keine Zeit‘. Damit bricht er die Regeln für anständiges Benehmen, für Anerkennung des Gegners, für Anstand gegenüber der Gesellschaft. Er hatte ja auch keine Skrupel, im Wahlkampf Frauen im großen Stil zu beleidigen, weil ihm eine Journalistin im Fernsehen harte Fragen gestellt und ihn in Verlegenheit gebracht hatte. Er prahlte auch damit, jede Frau sexuell belästigen zu können und viele auch belästigt zu haben – das könne man sich eben erlauben, wenn man reich genug sei, meinte er. Einen behinderten Mann, der sich schwerfällig bewegte, äffte Trump nach und gab ihn der Lächerlichkeit preis. Einem Ehepaar gegenüber, dessen Sohn in Afghanistan gefallen war, brachte er kein Mitgefühl entgegen, weil dieser ein Moslem gewesen war."

Irritation

Portisch gibt zu, selbst irritiert gewesen zu sein, da ihm noch nie ein "Kandidat mit solchen Eigenschaften in der internationalen Politik" begegnet sei. Trotzdem bleibt er bei seinen gewohnt sachlichen Analysen und zeichnet ein Bild davon, wie Europa durch mögliche Verhandlungsergebnisse zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin betroffen sein könnte.

Für Portisch steht fest, dass die Absichten eines US-Präsidenten noch nie so undurchsichtig waren, wie die Donald Trumps.

"Manches deutet darauf hin, dass es Trump eher um eine Art der Weltaufteilung in Einflusszonen geht als um ein gemeinsames Wirken für die Lösung aktueller Probleme", analysiert er.

Auch die Zusammensetzung des Kabinetts im Weißen Haus versteht Portisch als klare Botschaft zu deuten. Neben Förderern der Gas- und Ölindustrie finden sich vier Generäle in Trumps Team. Das Gesamtvermögen einer Regierung, die hauptsächlich bei den "kleinen Leuten" warb, sticht Portisch ins Auge:

"Auffallend an den Mitgliedern der Regierung Trump ist, dass viele von ihnen im Zuge ihrer Karrieren in den großen Banken Amerikas Station gemacht und dabei viel Geld verdient haben und dass sie fast ausnahmslos als sehr reiche Leute gelten. Das Gesamtvermögen der Kabinettsmitglieder Trumps, so haben es die Statistikforscher in den USA festgestellt, dürfte insgesamt nicht weniger als 14 Milliarden Dollar betragen, das ist 30-mal so viel Vermögen, als es den Mitgliedern der zweiten Regierung George W. Bushs zugeschrieben wurde."

Weltweite Krisen

In den folgenden Kapiteln widmet sich Portisch den globalen Krisenherden und den Plänen, die Trump bisher dazu geäußert hat. Von Israel, wo die US-Botschaft möglicherweise in die sowohl von Israelis als auch von Palästinensern beanspruchte Stadt Jerusalem verlegt werden könnte, über den Syrienkrieg bis hin zur Ukrainekrise beleuchtet er etwaige globale Auswirkungen. Nicht ohne auf die europäische Rolle hinzuweisen.

Portisch warnt vor möglichen Handelskriegen der USA mit China und der Europäischen Union und erläutert, wie es dazu kommen könnte. Erschließt mit einer mahnenden Botschaft:

"Donald Trumps ,America first‘ kann und darf daher nur sein, dass die Europäer aus ihren nationalistischen Albträumen erwachen und endlich zu der Solidarität finden, die sie als Einheit handlungsfähig macht. Trumps Wahl ist ein Weckruf für Europa. Man kann nur hoffen, dass es ihn auch hört und aufwacht."

Präzise und fundiert"Leben mit Trump – Ein Weckruf" ist das Werk eines Mannes, der die Welt gesehen hat. Fundiert schafft es Portisch, die Ungewissheit der Zukunft zu vermitteln. Vor allem durch die historischen Erläuterungen wird klar, auf welche Fundamente sich unsere momentane Weltordnung stützt und wie rasch diese zusammenbrechen könnte. Obwohl das Buch mit 78 Seiten relativ dünn ist, umfasst es eine Menge an Informationen – sowohl historischer, als auch brandaktueller Natur.

Buchtipp: Hugo Portisch: "Leben mit Trump. Ein Weckruf." 20 Euro, Ecowin-Verlag

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