Trumps missratener "Ziehsohn" bringt Amerika auf die Barrikaden

Krawall-Kasperl.Ein schwuler Brite an Trumps Seite pöbelt gegen Korrektheit.

Er nennt Donald Trump "Daddy". Und "Väter" helfen nun mal, wenn die Brut in Schwierigkeiten steckt.

An der staatlichen Universität im kalifornischen Berkeley sollte Milo Yiannopoulos neulich den Schlusspunkt seiner "Gefährliche Schwuchtel"-Tour setzen. Dabei handelt es sich um einen Art Agitprop-Zirkus, in dem der 33-jährige Brite mit deutsch-griechischen Wurzeln den Tanzbären gegen die politische Korrektheit gibt. Polemiken gegen Frauen und Feminismus. Hass auf Liberale. Häme gegen Mainstream-Politiker. Spott für die globalen Eliten. Alles vorgetragen im Blinddarm-reizenden Stakkato-Stil. Milo Yiannopoulos tritt bei seiner Ein-Mann-Show mit Anlauf jedem in den Hintern, der nicht denkt wie er.

Weil der Schutzschirm der Verfassung die Meinungsfreiheit in den USA auch jene vor dem sauren Regen der Justiz schützt, die andernorts den Tatbestand von Volksverhetzung erfüllen, wissen sich manche nur noch mit dem Baseballschläger zu helfen, wenn der Narziss zur rhetorischen Keule greifen will. In Berkeley kam es zu so schweren Tumulten zwischen Gegen-Demonstranten und der Polizei, dass Yiannopoulos das Weite suchte – und zum Sender Fox News ins Studio flüchtete, um sich in die Pose des Opfers zu werfen, das "mundtot gemacht werden soll".

An dieser Stelle kommt "Daddy" ins Spiel. US-Präsident Trump mag Milo. Der Stadtneurotiker hat ihm im Wahlkampf als Kommunikator in die Jahrgänge gedient, die mit ihm wenig anfangen konnten. Trump drohte UC Berkeley nun mit Entzug staatlicher Gelder, "wenn dort keine Redefreiheit erlaubt ist und Gewalt gegen unschuldige Menschen mit anderer Meinung angewendet wird".

Rechter Medien-Hulk

Seltene Intervention, aber zu erklären: Milo Yiannopoulos ist in der Petrischale des einst von Trumps Chef-Berater Stephen Bannon geführten Propaganda-Portals Breitbart vom Einzeller zum Medien-Hulk in rechtspopulistischen Kreisen mutiert.

Immer für knallige Soundbites und einen harten Punch gegen die Linke gut. Skandale inklusive: Milo war es, der die schwarze Schauspielerin Leslie Jones ("Ghostbusters") über Wochen so bösartig auf Twitter durch den Kakao zog, dass der Kurzmitteilungsdienst Yiannopoulos abschaltete. Die fürs Postfaktische sehr empfängliche rechts-nationalistische Alt-Right-Bewegung, deren Beifall Trump im Wahlkampf gerne einstrich, hat ihn danach vollends zu ihrem Poster-Boy erkoren. Obwohl der offen schwul lebende Dandy aus der Grafschaft Kent auf redneckige Bigotterie allergisch reagiert.

Seine Hasspredigten, bei denen er schon mal Feminismus mit einer Krebserkrankung vergleicht, gehören zu den meistgeklickten Beiträgen auf Breitbart. Immer geht es um den Sturm auf ein imaginiertes Meinungskartell der Linken, das Amerikas Konservative versklave und unterdrücke. Keine These ist zu wirr, um nicht durchdekliniert zu werden.

Manifest gegen die Waschmaschine

Yiannopoulos legte zuletzt dar, dass die Waschmaschine (wiederhole: Waschmaschine) zu den schlimmsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte gehöre, da sie die Frauen ihrer häuslichen Gewohnheiten entrissen, in die Arbeitswelt entlassen und am Ende kreuzunglücklich gemacht habe.

Außerdem: Die Pille mache fett, was "abstoßend sei und niemals in einer zivilisierten Gesellschaft erlaubt sein dürfte". Dass er die Bewegung "Black Lives Matter", die sich für Afro-Amerikaner einsetzt, als eine Hass-Kampagne betrachtet, Transsexuelle als geisteskrank abkanzelt und die an Unis grassierenden Vergewaltigungsfälle für eine Erfindung linker Gutmenschen hält, gehört bei "Milo-Messen" ebenfalls zum Repertoire.

Stöhnen Medien auf, setzt die Entrüstungsspirale ein. Siehe Berkeley, wo brennende Generatoren, geborstene Fensterscheiben und Polizisten in Robocop-Montur den Eindruck von Ausnahmezustand vermitteln. Für das Kasperle des Krawalls eine Steilvorlage. Wie Dracula das Blut, so saugt Yiannopoulos Schimpfe ein, die er mit Verbalentgleisungen und unterleibsbezogenen Scherzen provoziert. Je mehr Empörung auf der Linken, desto höher baut sich der wie Trump an pathologischer Geltungssucht leidende Schnellsprecher das Podest des Verfolgten. Dabei will er doch nur eins sein: "der einzige coole Konservative auf diesem Planeten".

In Trumps Fahrwasser funktioniert das. Demnächst erscheint Milos erstes Buch. Titel: "Gefährlich". Der Verlag soll 250.000 Dollar Vorschuss gezahlt haben. Kritiker wie Siraj Hashmi vom Washington Examiner warnen, dem Autor auf den Leim zu gehen. "Für Leute wie Milo ist Aufmerksamkeit wie Sauerstoff. Ohne den wird seine Marke sterben. Und er gerät in Vergessenheit."

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