USA

Trumps Kabinett: Reich, hart, männlich, konservativ

Ist das eine schleichende Militarisierung amerikanischer Außen-und Sicherheitspolitik?

Er zog lauthals für Arbeiter und Abgehängte zu Felde, und er wollte "Washingtons Sumpf trockenlegen". Sein Kabinett spickt Donald Trump mit Milliardären und Millionären. Die Wall Street hat er im Wahlkampf beschimpft, in seine Regierung holt er von ebendort aktive und ehemalige Investmentbanker. Dazu addierte er alte Freunde, Großspender und Ex-Rivalen. Einen einzigen Afroamerikaner. Bisher nur drei Frauen. Dafür reichlich Männer, die einst hochdekorierte Uniformen trugen.

Eine Parodie mit weißen, alten Männern

George Packer sitzt in der Lounge der Deutschen Botschaft in Washington, Gast im "Berliner Salon". Der Journalist ist Autor der "Abwicklung", eines hellsichtigen und traurig-prophetischen Buchs über die USA der Gegenwart. Er schüttelt grimmig den Kopf. "Dieses Kabinett ist eine Parodie. Weiße, ältere Männer, die alle irgendwas leiten." Das Kernmerkmal dieser Regierung? Unberechenbarkeit. Drei Posten gehen an pensionierte Generäle: Michael Flynn, der nationaler Sicherheitsberater werden soll, James Mattis, der Verteidigungsminister werden könnte, wenn der Kongress ihn lässt, und John Kelly, dem Trump das Heimatschutzministerium geben will.

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Chairman of the House Budget Committee Tom Price a
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Ist das eine schleichende Militarisierung amerikanischer Außen-und Sicherheitspolitik? "Wenn das in einem Entwicklungsland passieren würde, würden die USA als globaler Verfechter der Demokratie davor warnen", schreibt Gordon Adams, emeritierter Professor der American University, in der New York Times. Militärs hätten eine andere Weltsicht, meint er. "Ihre Erfahrung hat in ihnen etwas hervorgebracht, was manche Psychologen professionelle Deformation nennen: eine konditionierte Sicht auf die Welt, die strukturiert, hierarchisch, strategisch und operativ geprägt ist. Sie ist auf die Nutzung militärischer Gewalt fokussiert." Zivile Analysten, Strategen und Diplomaten konzentrierten sich dagegen auf breitere Ansätze und wüssten um diplomatische Nuancen.

Kriege setzen Kräfte in Gang

Es gibt Stimmen, die sagen, man dürfe aus Trumps Wahl eines Generals für das Amt des Verteidigungsministers nicht schließen, dass die USA auf ein größeres militärisches Engagement zusteuerten. "Hochrangige Militärs wissen, dass Kriege unbeabsichtigte Konsequenzen haben und dass sie Kräfte in Gang setzen, die nicht gesteuert werden können", meint der Militärhistoriker Richard Kohn. Auf den ersten Blick eint alle drei Ex-Generäle, dass sie mit Strategien ihres Oberbefehlshabers Barack Obama über Kreuz lagen. Sie teilen auch ein großes Misstrauen gegenüber dem Iran. Aus Trumps Äußerungen am Sonntag bei Fox sprach für sie die reine Bewunderung.

Aber im Unterschied zu Flynn sind Mattis und Kelly in ihren Ansichten wesentlich moderater. Mattis mag sich einen Namen mit markigen Sprüchen gemacht haben. Aber bei genauerem Hinsehen passt der pensionierte Vier-Sterne-General nicht so recht in das Stereotyp des Kriegstreibers. Er sprach sich dafür aus, das Budget des Außenministeriums zu erhöhen: Diplomatie müsse immer erste Wahl sein.

Flynn - Trumps künftiger nationaler Sicherheitsberater - fällt dagegen vor allem mit einer Weltsicht auf, die nur Gut und Böse, aber keine Grautöne kennt. Der 57-Jährige bezeichnete den Islam als politische Ideologie und sprach in einer Rede von einem bösartigen Krebsgeschwür. Er erklärte, die Angst vor Muslimen sei rational. Packer hält Flynn für den gefährlichsten Ideologen. "Bei weitem", sagt er. "Er ist der, der mich nachts um den Schlaf bringt." Was sich aus den bisher besetzten Positionen andeutet, ist eine Abwicklung. Die radikale Abkehr von den Errungenschaften der Ära Obama. Sozial, wissenschaftlich, Umwelt und Klima, Frauenrechte, Löhne, Gesundheitspolitik, Pluralismus, Integration - überall, alles.

Vizepräsident Mike Pence ist der viel härtere Ideologe als Trump. Mit Homosexuellen hat er Schwierigkeiten, mit ihren Rechten auch.

Jeff Sessions, vorgesehen als Justizminister und Chefankläger, war einem Gremium des Senats zu rassistisch für ein Richteramt. Bürgerrechtler fürchten das Schlimmste, einschließlich einer weiteren Verschärfung der schon jetzt sehr hohen Wahl-Hürden für Minderheiten. Für Sessions' Kritiker ist er der Anti-Pluralismus in Person.

An die Spitze der Umweltbehörde EPA soll Scott Pruitt, der so wenig an den Klimawandel glaubt wie der künftige Präsident. Die USA stehen vor einem Abschied aus dem Klimaabkommen von Paris. Das Arbeitsministerium soll mit Andrew Puzder der Boss einer Burger-Braterei führen, der mit Arbeiterrechten oder einem höheren Mindestlohn nicht das Geringste am Hut hat.

In einer Art Krönung der Interessenskonflikte könnte Rex Tillerson nächster Außenminister werden, Chef von ExxonMobil, einem gigantischen Ölkonzern. Vertreten in Dutzenden Ländern, unterwegs auf allen Kontinenten. So gute persönliche Bande zu Russlands Präsident Wladimir Putin, dass sogar Marco Rubio auf Twitter hinterlegte, das sei hoffentlich kein positives Attribut für einen US-Außenminister. Käme Tillerson, sollte er dann auch die oberste US-Diplomatie vorwiegend zum Schmiermittel profitabler Geschäfte machen?

Weg mit dem Sozialstaat

Sozialkonservative Republikaner, die den Wahlkämpfer Trump ob seiner mangelhaften Ideologiefestigkeit misstrauisch beäugt haben, können ihr Glück kaum fassen. Paul Ryan leuchtet immer richtig vor Freude, wenn er mit Trump gesprochen hat. Nach Jahren des Wartens sieht er seine Agenda vor der Verwirklichung: runter mit den Steuern, weg mit dem Sozialstaat. Tom Price soll Gesundheitsminister werden, einer der größten Kritiker von Obamacare. Er soll diese für Millionen Unversicherte historische Einrichtung beseitigen oder weitestgehend zurückfahren. Der Neurochirurg Ben Carson, der von der Idee eines Sozialstaates nichts hält und fast flehte, nicht ins Kabinett zu kommen, wird mit öffentlichem Wohnungsbau Zuständiger für Millionen Ärmere. Und Schulministerin Betsy DeVos ficht seit Jahren gegen eine Finanzierung von Schulen durch die Regierung. "Die Republikaner bekommen ihre legislative Revolution", schreibt der "New Yorker". "Dafür opponieren sie nicht mehr dagegen, dass Trump sich nicht von seinen Geschäften trennt. Sein wahres Ziel ist persönliche Bereicherung." Alles andere solle davon ablenken.

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