Alle Augen auf Florida: Treffen zwischen Selenskij und Trump

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Der ukrainische Präsident trifft Trump in Mar-a-Lago, Florida. Was ist dran an den Berichten über "große Fortschritte"? Die Verbündeten stärken Selenskij den Rücken, Putin droht bereits.

Ist es der entscheidende Schritt in Richtung Frieden oder doch nur ein weiterer Akt in der schwarzen Komödie rund um Donald Trumps Bewerbung um den Friedensnobelpreis? Der US-Präsident hat den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij am Sonntag (19 Uhr MEZ) in Florida zu Gesprächen über Auswege aus dem Ukraine-Krieg empfangen. Die russische Seite ist bei dem Treffen in Trumps Residenz Mar-a-Lago in Palm Beach nicht dabei. Kurz vor Beginn hatte Trump aber laut eigenen Angaben mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert und das Gespräch als "sehr produktiv" bezeichnet.

Die Verhandlungen über eine Beendigung des Kriegs befinden sich nach Angaben von Trump in der entscheidenden Phase. "Ich denke, wir sind in der Endphase der Gespräche", sagte er. Trump sagte Kiew im Falle eines Abkommens "starke" Sicherheitsgarantien zu, an denen sich auch die Europäer beteiligen sollen. Der US-Präsident bescheinigte sowohl Selenskij als auch Kreml-Chef Putin ein "ernsthaftes" Interesse an einer Einigung.

Selenskij bemühte sich seinerseits um Zuversicht. "Es ist sehr wichtig, dass unsere Teams über die Strategie sprechen", sagte er nach seiner Ankunft in Mar-a-Lago an der Seite Trumps.

Nach dem Desaster und der öffentlichen Demütigung („Warum tragen Sie keinen Anzug?“) des Ukrainers im Weißen Haus im März dieses Jahres sind Treffen der beiden inzwischen fast Routine geworden. Erwartungen und Skepsis halten sich nun daher die Waage. Trump verkündete vorab, ein Deal sei "in Reichweite". Auch Selenskij hatte das Treffen mit unüberhörbarem Optimismus angekündigt: „Bis Neujahr kann noch viel entschieden werden“, schrieb er in Sozialen Medien. Der ukrainische Präsident soll bereits am Samstagabend in den USA eingetroffen sein. 

Zudem will Selenskij Trump erneut klarmachen, dass für Kiew eine Kapitulation und ein Diktatfrieden mit Moskau nicht infrage kommt. "Natürlich gibt es rote Linien für die Ukraine und das ukrainische Volk", sagte Selenskij in einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal vor dem Treffen in Florida.

„Zu 90 Prozent fertig“

Auch hat sich das diplomatische Karussell rund um den Krieg in der Ukraine zuletzt wieder beschleunigt: Der Gipfel Mitte Dezember in Berlin war das erste größere Treffen unter Beteiligung der USA, der Ukraine und der führenden Europäer in einem EU-Staat seit dem neuen Vorstoß Trumps für eine Friedenslösung. Trumps Verhandlungsteam aus dem Sondergesandten Steve Witkoff und seinem Schwiegersohn Jared Kushner sprach intensiv mit den ukrainischen Unterhändlern. Selenskij telefonierte am Donnerstag ebenfalls mit Witkoff und Kushner.

Mit seinem 28-Punkte-Friedensplan hat Trump im November die erste Vorlage für die aktuellen Gespräche geliefert. Die darin enthaltenen großen Zugeständnisse an Russland stießen die Ukraine, aber auch deren europäische Verbündete vor den Kopf. So waren darin große Gebietsabtretungen an Russland und ein endgültiger Verzicht auf einen NATO-Beitritt der Ukraine vorgesehen.

Gebiete verloren gegangen

Nach unzähligen Gesprächsrunden hat nun Selenskij vor wenigen Tagen seinen Gegenentwurf eines Friedensplans vorgelegt. Darin ist der NATO-Beitritt – für Russland eine absolut inakzeptable Forderung – ebenfalls nicht mehr enthalten, dafür aber Sicherheitsgarantien durch die USA, die ähnlich viel Gewicht haben. Der Krieg soll in einem ersten Schritt an der derzeitigen Frontlinie eingefroren werden. Damit nimmt das Eingeständnis der Ukraine, dass Teile ihres Staatsgebietes verloren sind, immer konkretere Formen an. Selenskij hat außerdem angekündigt, eine Volksabstimmung über einen möglichen Friedensplan abhalten zu wollen. Er könne Entscheidungen über Abtretungen großer Gebiete nicht alleine treffen. Laut Selenskij ist man bei "90 Prozent" einer Lösung angelangt.

Verbündete stärken Selenskij den Rücken

Selenskij hat dazu erneut die Unterstützung seiner Verbündeten zugesagt bekommen. "Die elf Staats- und Regierungschefs aus Europa und Kanada sowie die Spitzen von NATO und der EU sicherten der Ukraine ihre volle Unterstützung zu und unterstrichen, in enger Koordination mit den USA für einen nachhaltigen und gerechten Frieden in der Ukraine einzutreten", teilte ein Regierungssprecher in Berlin mit. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte, die Europäer müssten vollständig in die sie betreffenden Diskussionen eingebunden werden, wie es aus Élysée-Kreisen hieß. Im Jänner werde Macron ein weiteres Treffen der Koalition der Willigen in Paris ausrichten.

Von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen hatte, hieß es auf der Plattform X, man begrüße "alle Bemühungen, die zu unserem gemeinsamen Ziel führen – einem gerechten und dauerhaften Frieden, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine wahrt."

Unklar aber bleibt, wie sehr Russland bereit ist, auch nur einige Schritte in Richtung Frieden mitzugehen. Zwar ist Moskau über die Amerikaner ständig in die Verhandlungen eingebunden, aber direkte Treffen der beiden Kriegsparteien wurden zuletzt immer wieder in Aussicht gestellt und im letzten Moment doch wieder abgesagt – wegen zu geringer Aussichten auf einen Erfolg. Zuletzt beschränkten sich die USA nach Gesprächen mit Russland immer auf vage Formulierungen über „positive Entwicklungen“ und „große Fortschritte“. Auch demonstriert der Kreml konsequent Gesprächsbereitschaft: Treffen in Moskau wechseln mit kurzfristig anberaumten Telefonaten mit US-Vertretern.

Putin hat bis zuletzt an seinen Maximalforderungen für einen Frieden festgehalten – und die sind für die Ukraine unerfüllbar. Der Kreml-Chef fordert vor allem eines: Den gesamten Donbass, also auch jene Gebiete, die derzeit noch die Ukraine hält.

Russland droht vor Treffen

Der russische Präsident erklärte zudem, alle Ziele in der Ukraine würden militärisch erreicht, sollte die Regierung in Kiew keine friedliche Lösung des Konflikts anstreben. Seine Äußerungen folgten auf einen massiven russischen Drohnen- und Raketenangriff. 

Am Sonntag meldete das Verteidigungsministerium in Moskau die Einnahme von weiteren Ortschaften in den Regionen Donezk und Saporischschja.

Kiew strebe eine stärkere Position an, um eine Verschleppung des Krieges durch Russland zu verhindern, teilte Selenskij ⁠auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Er habe bereits mit mehreren Partnern der Ukraine gesprochen, um die Prioritäten auf diplomatischem Wege abzustimmen. "Morgen, nach dem Treffen mit Präsident Trump, werden wir die Gespräche fortsetzen", heißt es in dem Beitrag.

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