Trumps neue Härte gegen Putin: Ist das ein echter Sinneswandel?

Wie zwingt man Putin an den Verhandlungstisch? Seit 2022 hofft der Westen auf den „Gamechanger“ im Ukraine-Krieg – bisher haben aber weder Sanktionen noch Waffensysteme geholfen. Ist Donald Trumps Ankündigung, Kiew nun doch wieder mit Waffen zu unterstützen und Moskaus Unterstützer zu sanktionieren, jetzt ein entscheidender Schritt Richtung Frieden? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was wurde konkret verlautbart?
Laut Trump sollen US-Waffen geliefert werden, etwa für die Flugabwehr, dafür zahlen sollen aber europäische NATO-Länder. Dem Vernehmen nach sollen auch Offensivwaffen geliefert werden. Welche und in welchem Umfang, das ist noch unklar. Zugleich drohte Trump Russland und dessen Handelspartnern mit Sanktionen und Strafzöllen in der Höhe von 100 Prozent, sollte die Führung in Moskau binnen 50 Tagen keinem Friedensabkommen zustimmen.
Wie kam es zu Trumps Paradigmenwechsel?
Darüber gibt es einige Spekulationen. Naheliegend ist, dass er sich von Wladimir Putin getäuscht fühlt und dies nicht auf sich sitzen lassen will. Dazu dürfte kommen, dass der US-Präsident nach dem Angriff auf den Iran gesehen hat, welche Macht das US-Militär nach wie vor hat. Dieser Angriff brachte ihm Sympathiepunkte bei den US-Bürgern ein. Am Montag sprach er mit Begeisterung von den US- Waffensystemen. Dass zusätzlich Europa dafür zahlen wird, ist für den Geschäftsmann Trump ein Coup; die US-Wirtschaft profitiert und er kann zeigen, dass er sich nicht über den Tisch ziehen lässt.
Welche Erfolgschancen hat die Drohung der Sekundärzölle?
Sollte Trump tatsächlich ernst machen, wären die Sekundärzölle wohl die stärkste Waffe. Vor allem China, aber auch Indien, Ungarn oder die Slowakei würden darunter massiv leiden. Generell würden Staaten, die Öl und Gas von Russland kaufen, große wirtschaftliche Probleme bekommen. Allerdings hat Trump in der Vergangenheit eine Zoll-Eskalation mit China gescheut – und angesichts seiner bisherigen Ultimaten ist es als alles anderes als klar, dass Trump seine Drohung wahr machen wird. Einen Gesetzesentwurf des US-Senats, der 500-prozentige Strafzölle vorsieht, will der US-Präsident vorerst nicht scharf machen – seine einhundert Prozent seien Drohung genug, meinte er am Montag.
Wie würden die Waffenlieferungen den Krieg beeinflussen?
Trump sprach von 17 Patriot-Systemen, doch am Dienstag wusste das Pentagon nicht mal, ob es sich um Batterien oder Abschussrampen handelt. Der Unterschied wäre groß – eine Batterie besteht aus sechs Abschussrampen. Ebenso wichtig sind jedoch die Abwehrraketen für die Patriotsysteme, von denen eine um die vier Millionen Dollar kostet. Etwa 700 pro Jahr werden derzeit produziert, für die gesamte Welt, darunter den US-Eigenbedarf.
Zum Vergleich: Russland ist in der Lage, mehr als 700 ballistische Raketen im Jahr zu produzieren. Dazu kommen Marschflugkörper, nordkoreanische Raketen und vor allem die Shahed-Drohnen, von denen Russland mittlerweile bis zu 500 im Monat herstellt. Die Patriots wären am besten gegen ballistische Raketen geeignet, für die Drohnen benötigt die Ukraine andere Abwehrmaßnahmen wie etwa Abfangdrohnen.
Fakt ist aber, dass auch eine massive Lieferung an Patriots die Gefahr russischer Luftschläge nicht bannen wird. Sollten die USA der Ukraine etwa ATACAMS für Offensivzwecke liefern, würde das Moskaus Offensive ebenso wenig ein Ende bereiten.
Wie reagiert Russland?
Schon seit Tagen haben Putins Propagandisten gegen Trump gewettert, man hat den Richtungswechsel bereits antizipiert. Im Regelfall lässt sich der Kreml gern Zeit, um auf Drohungen zu reagieren, diesmal sagte Putins Sprecher schon am Vormittag, dass man Trumps Aussagen „sehr ernst“ nehme. Nur: Wie und ob der Kreml reagieren wird, ließ er unbeantwortet.
Politologen vermuten, dass Putin aber die 50-Tage Frist aussitzen wird – in der Hoffnung, dass sich Trumps Stimmung wieder ändert. Wie schnell das gehen kann, bewies der bereits am Dienstag: Nachdem er am Montag noch hart gegen Russland vorgehen wollte, sagte er am Dienstag zur BBC, er „sei noch nicht fertig“ mit Putin – das klingt wie eine Einladung zum Gespräch und zu kleinen Zugeständnissen.
Und was sagt die Ukraine zu dem Ganzen?
Offiziell ist man dankbar, nach innen hin überwiegt aber wohl Skepsis – schließlich hat Kiew in den vergangenen Monaten kaum positive Erfahrungen mit Trump gemacht. Die meisten Medien kommentieren den Schritt sehr verhalten, wissend, wie lange die Lieferung von neuen Waffen dauern kann – nämlich Monate – und wie schnell sich der Wind wieder drehen kann. Große Schlagzeilen machte deshalb auch die Meldung, dass ein Vertrauter des US-Präsidenten zu Politico sagte: „Trump glaubt nach wie vor, dass Russland den Krieg gewinnen wird.“
Wie sieht es am Schlachtfeld aus, wo steht die russische Sommeroffensive?
Für die Ukraine bedrohlich nahe an den Städten Kostjantjniwka und Pokrowsk. In den vergangenen Tagen konnten die Russen im Norden von Pokrowsk ungewöhnlich schnell vorrücken und drohen, die wichtige Versorgungsstraße M-30 zu kontrollieren. Nach wie vor sollen sich etwa 30.000 ukrainische Soldaten in der Stadt befinden. Die Intensität der Angriffe dürfte nicht abebben, im Gegenteil. Laut Trump will Putin innerhalb der nächsten 60 Tage die Angriffe intensivieren, um die Verwaltungsgrenzen der Oblaste zu erreichen, die er annektieren will. Die Lage für die ukrainischen Streitkräfte ist jedenfalls bedrohlich ernst.
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