Trumps Rachefeldzug gegen Ex-FBI-Chef Comey ist nur der Anfang

Comey (r.) 2017 im Weißen Haus, im Hintergrund Trump.
Der US-Präsident beugt Regeln und Traditionen, um Feinde vor Gericht zu zerren – ein Tabubruch mit System.

Das Besondere an der Anklage gegen den ehemaligen FBI-Chef James Comey ist nicht der Fall an sich. Der US-Präsident hasst den früheren Chef der Bundespolizei, den er als Speerspitze der Russland-Affäre 2016 empfand und zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft 2017 abrupt feuerte.

Das Besondere sind die Umstände, unter denen der erste von Donald Trump seit Monaten angedrohte, juristische Rache-Akt gegen einen Prominenten, der ihm einst in die Quere kam, nun tatsächlich ins Werk gesetzt wurde: Trump hatte der von ihm persönlich installierten Justizministerin Pam Bondi seit Tagen in ungehaltenem Ton öffentlich Untätigkeit vorgeworfen und klipp und klar Strafverfolgung gegen Comey gefordert. Der 64-Jährige sei "schuldig wie die Hölle". Damit brach Trump mit der jahrzehntelang geübten Praxis, dass sich Präsidenten von juristischen Ermittlungen fernhalten, um den Eindruck von Interessenkonflikten oder persönlich motivierter Vendetta zu vermeiden.

FILE PHOTO: Former FBI Director James Comey testifies before Senate Judiciary Committee in Washington

Aufnahme von James Comey bei den Ermittlungen 2020.

"Eindeutig rachsüchtige Strafverfolgung"

Als der zuständige US-Staatsanwalt Erik Siebert eine Anklage gegen Comey wegen dürftiger Beweislage ablehnte und auf massivem Druck des Präsidenten zurücktrat, installierte Trump kurzerhand eine Mitarbeiterin, um die Sache wenige Tage vor Ende der Verjährungsfrist auf die Schiene zu setzen. Lindsey Halligan (36), eine ehemalige Versicherungsanwältin ohne jede Erfahrung in der Strafverfolgung, die Trump von früheren Schönheitswettbewerben kennt, ignorierte Warnungen aus dem Kollegenkreis und brachte den Fall am Donnerstagabend in Alexandria vor den Toren Washingtons persönlich ins Rollen.

Von drei Anklagepunkten wurden von der Geschworenen-Jury zwei – Falschaussage und Behinderung der Justiz – für prozessreif erklärt. Was genau Comey vorgeworfen wird, unterliegt der Geheimhaltung. Kenner des Falls wissen, dass Comey vor fünf Jahren vor dem Justizausschuss des Senats unter Eid bestritten hatte, beim FBI einem Mitarbeiter grünes Licht gegeben zu haben, um Medien als anonyme Quelle über Ermittlungen des FBI zu dienen. Dies sei wissentlich falsch gewesen, behauptet Anklägerin Halligan. Ihr Vorgänger Erik Siebert hatte dagegen ein Memorandum erstellt mit Gründen, warum eine Anklage gegen Comey überhaupt nicht erhoben werden darf.

Einen Aspekt daraus hat der frühere Trump-Anwalt Ty Cobb, heute ein scharfer Kritiker des Präsidenten, öffentlich gemacht. Der Jurist erkennt eine "eindeutig rachsüchtige und selektive Strafverfolgung", die im Prozess abgewiesen werden könnte.

John Bolton könnte der nächste sein

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren formulierte stellvertretend für viele Kongress-Politiker das Unwohlsein: "Das Justizsystem zu nutzen, um einen politischen Gegner zu verfolgen, ist das, was Diktatoren tun. Heute ist es Comey, morgen könnte es jeder sein." James Comey selber ging umgehend mit einem Kurz-Video an die Öffentlichkeit. Er erklärte, dass "Angst das Werkzeug eines Tyrannen ist". Er aber habe keine Angst. "Ich bin unschuldig. Lasst uns diesen Prozess haben." Insider in Regierungskreisen sind sich sicher, dass der frühere Nationale Sicherheitsberater Trumps, John Bolton, der nächste Kandidat für den Rachefeldzug des Präsidenten sein wird.

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