Trump droht, Europa protestiert: Türkei setzt Offensive fort

Trump droht, Europa protestiert: Türkei setzt Offensive fort
Laut UN-Angaben sind bereits 130.000 Menschen im nordsyrischen Grenzgebiet auf der Flucht.

"Ich habe der Türkei klargemacht, dass wir sehr schnelle, starke und harte Wirtschaftssanktionen verhängen, wenn sie ihre Verpflichtungen nicht einhalten", sagte Präsident Donald Trump am Samstagabend. Zu diesen Verpflichtungen zähle etwa der "Schutz religiöser Minderheiten und auch die Überwachung von IS-Häftlingen, die wir gefangen haben", wurde Trump präziser - und riet gleichzeitig den kurdischen Kämpfern in Nordsyrien, sich aus dem umkämpften Grenzgebiet zurückzuziehen. Immerhin verfüge die Türkei über eine Luftwaffe, im Gegensatz zu den Kurden.

130.000 Menschen auf der Flucht

Die Türkei gibt sich unbeeindruckt und lässt weiterhin die Muskeln spielen. Auch am fünften Tag setzen türkische Streitkräfte ihre Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG fort und nahm zwei grenznahe Städte im Nordosten Syriens unter Beschuss.

Sonntag früh waren Schüsse rund um die Stadt Ras al Ain zu hören. Die Stadt wurde schon am Samstag von syrischen Rebellen angegriffen, die von der Türkei unterstützt werden. In den Außenbezirken der rund 120 Kilometer westlich gelegenen Stadt Tel Abjad schlugen Haubitzen-Geschoße ein, wie ein Zeuge aus der benachbarten türkischen Stadt Akcakale berichtete. Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge eroberten türkische Streitkräfte und ihre Verbündeten große Teile der syrischen Stadt Suluk.

Die Vereinten Nationen schätzen, dass mehr als 130.000 Menschen aus den ländlichen Gebieten rund um Ras al Ain und Tel Abjad auf der Flucht sind. Bis zu 400.000 Menschen in den umkämpften Gebieten benötigten Hilfe und Schutz, teilte die UN-Behörde für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten am Sonntag mit. Dem türkische Verteidigungsministerium zufolge wurden seit Beginn der Offensive 480 YPG-Kämpfer getötet.

Waffenexporte gestoppt

Die Militäroffensive der Türkei trifft auf breite internationale Kritik. Frankreich und Deutschland stoppten neue Waffenexporte an den NATO-Partner. Der britische Premierminister Boris Johnson mahnte, die Offensive könne die humanitäre Lage in Syrien verschlimmern und den Kampf gegen den Islamischen Staat unterminieren. Einem Sprecher zufolge forderte er den türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan am Samstagabend in einem Telefongespräch auf, die Kämpfe zu beenden und in einen Dialog zu treten. Bisher hat Erdogan ein Ende der Offensive abgelehnt.

Die Türkei will entlang der Landesgrenze auf syrischem Gebiet eine 30 Kilometer tiefe sogenannte Sicherheitszone errichten und verlangt den Abzug der Kurden-Miliz aus dem Gebiet. Dort sollen dann bis zu zwei Millionen in die Türkei geflohene meist arabische Syrer angesiedelt werden. Die Türkei befürchtet ein Erstarken der Kurden jenseits ihrer Südgrenze und damit auch der nach Autonomie strebenden Kurden auf eigenem Territorium.

Proteste in ganz Europa

In mehreren Städten Europas gingen am Samstag aus Protest gegen den türkischen Einmarsch Zehntausende Menschen auf die Straße. Allein in Köln schlossen sich Schätzungen zufolge mehr als 10.000 Menschen einem Protestmarsch an. Rund 4000 Demonstranten waren es in Frankfurt am Main, jeweils etwa 3000 in Hamburg und Hannover. Größere Kundgebungen fanden auch in Berlin, Bremen und Saarbrücken statt. 

In Wien gingen am Samstag 3.000 Menschen gegen die türkischen Invasoren auf die Straße. In der türkischen Heimat scheinen die Angriff indes gut anzukommen: Selbst die Fußball-Nationalmannschaft salutierte den türkischen Kriegern.

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