Trotz Gewaltexzessen: Proteste in Venezuela gehen weiter

Zusammenstöße in Caracas
Die Zahl der Todesopfer ist auf 36 gestiegen, Opposition will weiter Druck auf Staatschef Maduro machen.

Die Opposition in Venezuela will den Druck auf den linken Staatschef Nicoles Maduro trotz der ausufernden Gewalt aufrechterhalten. Für Samstag kündigten die Regierungsgegner einen Protestmarsch weiß gekleideter Demonstrantinnen in der Hauptstadt Caracas an.

In Valencia und Caracas lieferten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte am Freitag erneut Straßenschlachten. Die Zahl der Todesopfer seit Beginn der Protestwelle stieg nach dem Tod eines 22-jährigen Demonstranten auf 36.

Der junge Mann war am Donnerstag in Valencia von einem Projektil im Kopf getroffen worden, einen Tag später erlag er seinen Verletzungen. Die Großstadt im Norden Venezuelas ist seit Tagen Schauplatz von Plünderungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Einsatzkräften.

Geschäfte verwüstet

Nach Angaben der örtlichen Handelskammer wurden seit Dienstag 70 Geschäfte in Valencia verwüstet und ausgeraubt. "Sie nutzen die Proteste, um auf Raubzüge zu gehen", sagte die 64-jährige Hausfrau Magaly Oliveros. Viele Einwohner versuchten sich aus Angst vor weiteren Ausschreitungen mit Essen, Wasser und Benzin einzudecken.

In der Stadt Rosario de Perija im Westen des Landes zerstörten Studenten eine Statue des 2013 verstorbenen, linken Präsidenten Hugo Chavez, wie auf Videos zu sehen war, die in den sozialen Netzwerken verbreitet wurden. In Caracas schlug eine Demonstration von Studenten in Gewalt um.

Demonstranten und Sicherheitskräfte liefern sich seit Beginn der Protestwelle Anfang April fast täglich Straßenschlachten, bei denen mehr als 700 Menschen verletzt wurden. Beide Seiten machen sich gegenseitig für die Gewalt verantwortlich.

Die Mitte-Rechts-Opposition kämpft für vorgezogene Parlamentswahlen und eine Volksabstimmung über die Absetzung von Maduro, dessen Mandat regulär im Jänner 2019 endet. Die Regierungsgegner laufen außerdem Sturm gegen die geplante Verfassungsreform, die der Präsident am Montag angekündigt hatte.

"Das Regime fällt", sagte am Freitag die Ehefrau des inhaftierten Oppositionspolitikers Leopoldo Lopez, Lilian Tintori. "Es hat keine Kraft und zeigt sein wahres Gesicht, indem es Waffen einsetzt."

Armee hinter Maduro

Maduro kann sich bisher auf die Rückendeckung der mächtigen Armee verlassen. Verteidigungsminister und Militärchef Vladimir Padrino Lopez hatte Mitte April die "bedingungslose Loyalität" des Militärs gegenüber Maduro bekräftigt.

Nach Angaben von Oppositionsführer Henrique Capriles zeigen sich aber erste Risse innerhalb der Armee. 85 Soldaten seien festgenommen worden, nachdem sie ihren Unmut über die "Unterdrückung" der Proteste geäußert hätten, erklärte Capriles. Er berief sich auf Aussagen von Angehörigen. Von offizieller Seite wurden seine Angaben nicht bestätigt.

Die Regierungsgegner machen den sozialistischen Staatschef für die schwere Wirtschaftskrise in dem ölreichen südamerikanischen Land verantwortlich. Die Versorgungslage in Venezuela ist dramatisch. Nahrungsmittel, Medikamente sowie Dinge des täglichen Bedarfs wie Toilettenpapier und Seife werden vielerorts knapp. In Umfragen sprechen sich mittlerweile 70 Prozent der Befragten gegen Maduro aus.

Auch der venezolanische Stardirigent Gustavo Dudamel, der heuer das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker dirigierte, äußerte öffentlich Kritik an der Regierung. Er rief zu einem Ende der Gewalt auf. Maduro müsse "auf die Stimme der Mehrheit" hören, schrieb der Chef des Los Angeles Philharmonic Orchestra auf seiner Facebook-Seite.

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