Trauer um Kohl: Sohn Walter "tief betroffen"

Helmut Kohl im Jahr 1982, im ersten Jahr seiner Kanzlerschaft.
Trump kondolierte. Auch in St. Gilgen am Wolfgangsee gedenkt man dem Ehrenbürger. Internationale Pressestimmen zum Tod des deutschen Alt-Bundeskanzlers.

Nach dem Tod des deutschen Alt-Kanzlers Helmut Kohl hat sich dessen Sohn Walter Kohl "tief betroffen" geäußert. Sein Vater habe schon vor Jahren allen Kontakt zu seinen Söhnen abgebrochen, sagte Kohl am Freitag nach einem Besuch im Haus seines Vaters in Ludwigshafen-Oggersheim. Besonders die Enkel hätten "sehr darunter gelitten, dass ihr Großvater für sie nicht erreichbar war".

Trauer um Kohl: Sohn Walter "tief betroffen"
Walter Kohl, son of former German Chancellor Helmut Kohl in front of his fathers home in Oggersheim, Germany, June 16, 2017. REUTERS/Ralph Orlowski
Es sei "schade, wenn man nicht in der Lage ist, Dinge in diesem Leben zu regeln", sagte Walter Kohl. Er habe dies über "verschiedene Kanäle versucht", eine Aussöhnung fand jedoch nicht statt. "Sie sehen einen Menschen, der sehr traurig ist", sagte Kohl.

Kondolenzbuch in CDU-Zentrale und online

Altkanzler Kohl war am Freitag im Alter von 87 Jahren gestorben. Im Gedenken an Kohl hat die CDU in ihrer Parteizentrale in Berlin ein Kondolenzbuch aufgelegt.

Außer vor Ort im Konrad-Adenauer-Haus können letzte Grüße an den früheren CDU-Vorsitzenden auch auf der Internetseite der Partei unterhttps://www.cdu.de/kondolenzbuchabgegeben werden.

Trump: "Freund und Verbündeter"

Deutlich später als viele andere amtierende und ehemalige Staats- und Regierungschefs in aller Welt hat nun auch US-Präsident Donald Trump auf den Tod des deutschen Altkanzlers Helmut Kohl reagiert und kondoliert. "Kanzler Kohl war den Vereinigten Staaten ein Freund und Verbündeter, während er die Bundesrepublik Deutschland durch 16 entscheidende Jahre führte", ließ er erklären

Jahrzehntelang am Wolfgangsee auf Urlaub

Im einstigen Urlaubsort von Kohl, St. Gilgen am Wolfgangsee in Salzburg, hat die Todesnachricht Betroffenheit ausgelöst. "Dr. Kohl war Ehrenbürger von St. Gilgen und der Region überaus verbunden", sagte Franz Mayrhofer, der Vorsitzende des Tourismusverbandes. "Über 30 Jahre hat das Ehepaar Helmut und Hannelore Kohl in St. Gilgen seinen Sommerurlaub verbracht und mit vielen Menschen am Wolfgangsee einen liebevollen Kontakt gepflegt."

Obwohl Kohl nach dem Tod seiner ersten Frau 2001 nicht mehr nach St. Gilgen kam, sei er ihm, Mayrhofer, weiter freundschaftlich verbunden geblieben. Mayrhofer betreibt im Ort eine Konditorei, die eigens zu Ehren von Helmut Kohl eine "Kanzlertorte" kreiert hat. Am Ufer des Wolfgangsees gibt es auch einen Helmut-Kohl-Park.

"Guardian" (London):

"Oberflächlich betrachtet und abgesehen vom Körperumfang hält Kohl Vergleichen mit Otto von Bismarck stand. Der Aristokrat, der 1871 eine ausufernde Zahl von Kleinstaaten vereinigte und Deutschland zur wichtigsten Macht in Kontinentaleuropa formte, war ein preußischer Protestant mit überragendem Intellekt und großen Fähigkeiten, der Europa wie seinen persönlichen Baukasten behandelte. Kohl war ein katholischer Rheinländer, dem die Einigung Europas ebenso am Herzen lag wie die Wiedervereinigung Deutschlands. (...) Kohl mag sich von Bismarck so sehr unterschieden haben wie Bonn von Berlin. Aber er war ebenso sehr ein Eiserner Kanzler, eisern hinsichtlich seiner Ausdauer, unerschütterlich in seinem Selbstvertrauen. Der Autor mehrerer Bücher, darunter Memoiren, der einst als Helmut II. verspottet wurde, weil er so viel glanzloser war als Helmut I., also Helmut Schmidt, bekommt auch in den Geschichtsbüchern seine Rache: Es war Kohl, nicht Schmidt, der bereitstand, als der Zug zur deutschen Wiedervereinigung vorbeirollte."

"de Volkskrant" (Amsterdam):

"Wie jeder andere war auch Helmut Kohl überrascht von den schnellen Entwicklungen im November 1989. Aber er reagierte darauf auch blitzschnell. Ungeachtet des Widerstands der britischen Premierministerin Margaret Thatcher (mit ihren berühmt gewordenen Sprüchen: 'Mir sind zwei Deutschland lieber als eins.' und 'Zweimal haben wir die Deutschen geschlagen. Jetzt sind sie wieder da.') und des Zögerns des französischen Präsidenten Francois Mitterrand (wird Europa nun ein 'deutsches Europa'?) ergriff Kohl die Chance. Mitterrand köderte er mit der Zustimmung zur europäischen Einheitswährung. Schmollend willigte schließlich auch Thatcher ein. Und US-Präsident George H.W. Bush (Kohl sagte über ihn, er sei ein Glückslos in der Lotterie für Deutschland gewesen) hatte sowieso keine Probleme mit der deutschen Wiedervereinigung."

"Neue Zürcher Zeitung":

"Natürlich lässt sich an einzelnen Entscheidungen von Spitzenpolitikern immer herummäkeln. Kohl machte dabei keine Ausnahme. Die wahre Größe von Staatsmännern zeigt sich, wenn sie im richtigen Augenblick das Richtige tun. Als am 9. November 1989 in Berlin die Mauer fiel, wusste Kohl intuitiv, was die Stunde geschlagen hatte. Er sah die Chance und ergriff sie. Er, dem immer nachgesagt worden war, Probleme auszusitzen, ging hohe Risiken ein."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Gewiss, es war auch ein historischer Zufall, der Kohl zum gefeierten Vater der deutschen Einheit machte. Wäre die Mauer nicht gefallen, hätte er dazu vielleicht nie die Chance gekriegt. Doch es stimmt auch, dass der Kanzler in den entscheidenden Monaten 1989/90 sehr viel richtig gemacht hat. Die Skepsis gegen die deutsche Wiedervereinigung war anfänglich groß. Nicht nur in Moskau, auch in Paris und London. An eine Eingliederung eines neuen Deutschland in die Nato wagte man gar nicht zu denken - zu strikt waren die Sowjets dagegen. Doch Kohl gelang das Unmögliche. (...)

Ohne Kohls Europa-Begeisterung hätte es wohl auch keine deutsche Einheit gegeben. Denn die Wiedervereinigung Deutschlands und das Zusammenrücken Europas waren für ihn stets 'zwei Seiten einer Medaille'. Das verhinderte nicht, dass Kohl im Ausland meist mehr geschätzt wurde als daheim. Warum? Wohl deshalb, weil der nette Strickjackenträger aus Germany bei sich zu Hause ein System eingerichtet hatte, das viele als muffig empfanden, als patriarchalisch. Das System Kohl eben."

"La Repubblica" (Rom):

"Vielleicht war (Helmut Kohl) der glücklichste Kanzler Deutschlands. Der, der die schmerzhafteste Wunde geschlossen hat, die, die nach dem Krieg Millionen von Familien in zwei geteilt und zerstört hat und halb Berlin in eine Gefangenen-Enklave in Ostdeutschland verwandelt hatte. (...)

Der große Anführer der Christdemokraten, der bis heute den Rekord der längsten Kanzlerschaft hält - 16 Jahre, von 1982 bis 1998 - war ein politisches Genie, in der Lage, das aus dem traumatischsten Ereignis des Endes des 20. Jahrhunderts - der Mauerfall in Berlin - hervorgegangene Chaos in eine extraordinäre Seite einer neuen Geschichte umzuwandeln, die eines vereinten Deutschlands und eines noch verbundeneren Europas. (...)

Sollte Merkel am Ende ihres Mandats wieder die Wahlen gewinnen, macht sie den Rekord der längsten Kanzlerschaft zunichte. Aber es wird nur schwierig sein, dass sie es schafft, Deutschland einen weiteren Moment purer Euphorie und glücklicher Unbeschwertheit zu schenken, wie das Land in der Einheit gefunden hat (...)."

"De Standaard" (Brüssel):

"Der ehemalige deutsche Kanzler wird vor allem als der Mann in die Geschichte eingehen, der West- und Ostdeutschland auf friedliche Art und Weise vereinigte und somit das schändliche Erbe des Zweiten Weltkriegs auslöschte. Heute könnte es scheinen, dass die Wiedervereinigung selbstverständlich war, sozusagen ein Kinderspiel. Aber nichts ist weniger wahr: Der Fall der Mauer im November 1989 war nicht allein der Anfang vom Ende der DDR, sondern auch des großen Sowjetreichs.(...)

Helmut Kohl, der Mann der deutschen Einheit, der Verankerung des vereinten Deutschlands in Europa und des Euro, der die europäische Einheit unumkehrbar machen soll, vermisste bei vielen der heutigen europäischen Spitzenpolitiker europäischen Idealismus. Zu seinen letzten Worten gehörte die Mahnung, dass viel auf dem Spiel stehe, es gehe um unsere Zukunft und 'unsere Zukunft heißt Europa'."

"L'Alsace" (Mulhouse):

"Wie seine Vorgänger förderte der Kanzler die deutsch-französische Freundschaft. Das Bild mit dem (damaligen Präsidenten Francois) Mitterrand und Kohl, Hand in Hand vor dem Beinhaus in Donaumont 1984, ging in die Geschichtsbücher ein. Wer zehn Jahre später an dem deutsch-französischen Gipfel in Mülhausen teilgenommen hat, erinnert sich an die herzlichen Beziehungen zwischen beiden Staatsmännern.

Vielleicht war es einfacher, sich mit (Mitterrands Nachfolger Jacques) Chirac zu verstehen - beide waren Konservative und Bonvivants. Und sie waren Europäer, die die (Euro-) Gemeinschaftswährung wollten. Helmut Kohl hat - geschwächt durch die Affäre der schwarzen Kassen - sicherlich seinen Abschied verpatzt. Es war Angela Merkel, die ihren Mentor von der politischen Bühne gedrängt hat. Aber indem sie gestern Abend ihre Anerkennung für sein Handeln aussprach, gibt Merkel, die unter der kommunistischen Diktatur aufwuchs und studierte, ihm seinen Platz im Pantheon der großen Männer wieder."

Leben Geboren am 3. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein; Studium der Geschichte und Staatswissenschaften; von 1960 bis 2001verheiratet mit Ehefrau Hannelore; zwei Söhne; 2008 heiratete der Witwer die 34 Jahre jüngere Maike Richter.

Karriere Rascher Aufstieg in der Jungen Union und im Landesverband Rheinland-Pfalz. Dort wurde Kohl von 1969 bis 1976 Ministerpräsident. 1976 bis 1982 Unionsfraktionschef in Bonn. Von 1982 bis 1998 war er der sechste Bundeskanzler der Bundesrepublik. Nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 gestaltete er führend die Wiedervereinigung 1990. Von 1973 bis 1998 war Kohl CDU-Chef, ihren Ehrenvorsitz legte er 2000 wegen der ungeklärten CDU-Spendenaffärezurück.

Nach der Politik Die Affäre und die Folgen eines schweren Schlaganfalls ließen ihn danach die Öffentlichkeit weitgehend meiden.

Kommentare