Vorwurf der Einflussnahme: TikTok soll aus allen App-Stores fliegen

Vorwurf der Einflussnahme: TikTok soll aus allen App-Stores fliegen
Das US-Repräsentantenhaus beschloss ein Gesetz, dass den Druck auf den chinesischen Social Media-Konzern erhöhen soll. In Europa läuft ein Verfahren wegen fehlendem Jugendschutz.

Wieviel Einfluss hat das chinesische Regime auf die Social Media-Plattform TikTok? Die popupläre App der chinesischen Firma Bytedance sammelt Handydaten im großen StilI. Damit diese nicht an den chinesischen Staat fließen, will die US-Regierung einen Eigentümerwechsel bei TikTok erzwingen. Der Konzern hatte dieses Ansinnen stets zurückgewiesen. Heute, Mittwoch, beschloss das Repräsentantenhaus in Washington ein Gesetz abstimmen, das zur vollständigen Verbannung von TikTok aus allen amerikanischen App-Stores führen könnte.

Bytedance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das der alles beherrschenden Kommunistischen Partei Chinas gehorchen muss. Die Firma selbst will erst alle rechtlichen Mittel gegen ein drohendes Verbot in den USA ausschöpfen, bevor über einen Verkauf nachgedacht wird. Eine Trennung von TikTok werde als letzte Option gesehen, schrieb der Finanzdienst Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf informierte Personen. Der Entwurf müsste nach dem Repräsentantenhaus noch vom Senat als zweiter Kammer angenommen und von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden.

Vorwurf der Einflussnahme: TikTok soll aus allen App-Stores fliegen

Das ByteDance-Hauptquartier steht im chinesichen Shanghai.

Biden machte bereits deutlich, dass er den Plan unterstützt. 

Sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan betonte am Dienstag, es gehe nicht um ein "TikTok-Verbot", sondern um einen Eigentümerwechsel. "Wollen wir, dass TikTok als Plattform im Besitz eines amerikanischen Unternehmens ist - oder China gehört?", fragte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. "Wollen wir, dass Daten aus TikTok - Daten von Kindern und Erwachsenen - hier in Amerika bleiben oder nach China gehen?" Das seien grundsätzliche Fragen, bei denen Biden eine klare Position habe.

In Österreich hat die Regierung TikTok auf Diensthandys verboten.

In den USA besteht - wie auch in Europa - die Sorge, die App könne zum Sammeln von Informationen über Nutzer durch chinesische Behörden oder für politische Einflussnahme missbraucht werden. Regierungen mehrerer Länder sowie die EU-Kommission untersagten die Nutzung von TikTok auf Diensthandys von Politik und Behörden. Im Vorjahr gab Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bekannt, dass TikTok auf Diensthandys im öffentlichen Dienst verboten sei.

Das chinesische Außenministerium warf den USA am Mittwoch vor, TikTok zu schikanieren. Dieses Verhalten untergrabe die internationale Wirtschafts- und Handelsordnung und werde am Ende für die USA ins Auge gehen, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin in Peking. Trotz nie gefundener Beweise für eine Gefahr für die nationale Sicherheit habe Washington nie aufgehört, TikTok zu verdrängen, so Wang.

TikTok weist Bedenken stets zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. ByteDance sei schließlich zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman Islands in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und ByteDance eine große Zentrale in Peking habe.

TikTok hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA. Schon Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok an amerikanische Investoren durchzusetzen.

Trump unterstützt TikTok, weil er in Facebook "einen Feind des Volkes" sieht.

Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein TikTok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit vermuteten. Auch ein aktuelles Gesetz im US-Staat Montana, das TikTok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt deswegen auf Eis.

Trump ist inzwischen von den Verbotsforderungen abgerückt. TikTok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, das er als einen "Feind des Volkes" betrachte, sagte Trump jüngst im Wirtschaftssender CNBC. Die Position des Ex-Präsidenten wirft angesichts seiner Kontrolle über die Republikaner auch die Frage auf, ob das Gesetz vom Repräsentantenhaus angenommen wird, in dem sie eine knappe Mehrheit haben.

Online-Plattformen werden von einem neuen EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) verpflichtet, strikt gegen illegale Inhalte wie Hassrede und Hetze im Netz vorzugehen.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes hat die Brüsseler Behörde einigen großen Online-Plattformen einen Fragenkatalog geschickt, darunter Facebooks Mutterkonzern Meta oder Snapchat. Sie mussten zum Beispiel Angaben dazu liefern, wie sie die psychische Gesundheit von Jugendlichen schützen.

Die Plattformen müssen ihren Nutzern Informationen über Anzeigen zur Verfügung stellen - also zum Beispiel, warum die Anzeigen ihnen gezeigt werden und wer für die Werbung bezahlt hat. Außerdem sollen Minderjährige besonders geschützt werden. So ist es verboten, sie gezielt mit Werbung anzusprechen, die auf persönlichen Daten beruht.

Im Dezember hat die EU ein ähnliches Verfahren gegen X (früher Twitter) eröffnet. Dabei ging es unter anderem um Hinweise auf illegale und irreführende Beiträge zum Gaza-Krieg. 

Auch in der EU droht der Plattform Ungemach.

Die Europäische Kommission hat im Februar ein Verfahren gegen TikTok eröffnet. Es soll geprüft werden, ob TikTok genug gegen die Verbreitung illegaler Inhalte unternimmt und etwa beim Jugendschutz, und Werbetransparenz gegen EU-Regeln verstoßen hat.

Die Kommission hatte eigenen Angaben zufolge bereits eine Voruntersuchung durchgeführt. Deren Ergebnisse hätten dazu geführt, ein förmliches Verfahren gegen TikTok einzuleiten. Bei den möglichen Verstößen geht es auch darum, dass TikTok nicht genug unternimmt, damit die App kein Suchtverhalten fördert. Abhilfemaßnahmen etwa Altersüberprüfungen zum Jugendschutz, damit Minderjährige von bestimmten Inhalten ausgeschlossen werden, seien möglicherweise nicht wirksam, so die Kommission.


 

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