Terror in Moskau: Putin wirft Ukraine trotz IS-Bekenntnis Komplizenschaft vor

Terror in Moskau: Putin wirft Ukraine trotz IS-Bekenntnis Komplizenschaft vor
Mindestens 137 Tote nach brutalem Terroranschlag, IS reklamierte Angriff für sich.

Die Hände am Rücken zusammengebunden, vor Angst zitternd, kniet ein Mann vor russischen Sicherheitsbeamten. Ein anderer wird mit blutverschmiertem Gesicht abgeführt, in einem weiteren Video „gesteht“ ein Mann, auf Telegram Geld für den Terroranschlag auf die Moskauer Crocus City Hall bekommen zu haben.

Die Männer in den Videos, die von russischen Medien und in sozialen Netzwerken geteilt werden, sollen zu den insgesamt elf festgenommen Verdächtigen gehören, die am Freitag den blutigen Anschlag auf die Konzerthalle verübten. Alle sollen tadschikische Staatsbürger sein, vier waren laut dem russischen Geheimdienst FSB direkt am Terrorangriff beteiligt, sollen mindestens 137 Menschen ermordet haben.

"Renn weg!"

„Wir wollten auf der oberen Besuchertribüne ein Erinnerungsfoto machen“, sagt die 30 Jahre alte Russin Margarita gegenüber Medien. Im ersten Moment habe sie die Explosionsgeräusche für lauten Begrüßungsapplaus für die Künstler gehalten, erinnert sie sich. „Aber es knallte weiter. Da habe ich sofort verstanden, dass etwas nicht stimmt.“ 

Ihr Mann sei aufgesprungen und habe gerufen: „Renn weg!“ In den Fluren habe Panik und Unübersichtlichkeit geherrscht, erzählt Margarita weiter. „Es hat sich angefühlt, als seien die Schüsse direkt neben uns. Wir hatten Angst, dass wir jetzt runtergehen und sie dann kommen.“

Terror in Moskau: Putin wirft Ukraine trotz IS-Bekenntnis Komplizenschaft vor

Dann aber seien sie in einem unteren Geschoss in einem dunklen Raum angekommen, möglicherweise in einem Lager. Dort hätten sie ein Schild mit der Aufschrift „Ausgang“ entdeckt und sich ins Freie retten können. 

Andere hatten weniger Glück. Mindestens drei Kinder sollen im beinahe 7.000 Menschen fassenden Veranstaltungszentrum ums Leben gekommen sein, 125 Menschen sollen sich noch im Krankenhaus befinden, davon mehr als 40 Schwerverletzte. 

Während Angehörige, Trauernde, Überlebende Blumen zum Anschlagsort bringen, ist die Suche nach dem Schuldigen in vollem Gange. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) reklamierte den Anschlag für sich: „Kämpfer des Islamischen Staates griffen eine große Versammlung von Christen in der Stadt Krasnogorsk am Rande der russischen Hauptstadt Moskau an, töteten und verwundeten Hunderte und richteten große Zerstörungen an“, verlautbarte der IS-Kanal Amak im Internet.

In russischen Medien wiederum dominieren die Spekulationen, die Ukraine würde hinter dem Terrorangriff stecken: „Die wegen Terrorismus inhaftierten Personen versuchten zu fliehen und zogen in Richtung Ukraine, wo ein Fenster für den Grenzübertritt vorbereitet worden war“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Rede an die Nation. Damit dürfte jede weitere Untersuchung hinfällig sein. Bereits im Vorfeld hatten prorussische Kanäle Verbindungen der Terroristen zur Ukraine konstruiert und die Erklärung des IS als „fake“ abgetan. Die Regierung in Kiew weist alle Vorwürfe zurück.

Der Terrorexperte Peter Neumann vom King's College in London hält das Bekennerschreiben der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zum Anschlag bei Moskau für echt. Das bestätigte Neumann am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Die Bekennernachricht lief über alle offiziellen IS-Kanäle. Ich und meine Kollegen können das 100-prozentig bestätigen“, teilte er mit.

Es bleibt abzuwarten, welche „Vergeltungsmaßnahmen“ der russische Präsident anordnen wird. Bereits in der Nacht auf Freitag bombardierten die russischen Streitkräfte ukrainische Städte mit hoher Intensität. Als Grund nannte Moskau die ukrainischen Drohnenangriffe auf russische Erdölraffinerien.

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