Großangriffe auf Terrorzellen in Europa

Die Terrorwarnstufe in Belgien ist eine Stufe herabgesetzt worden
Verhaftungen von Paris bis Düsseldorf. Offenbar sind bereits bekannte Hinweise genutzt worden.

Nur das Wort "fin" (frz. "Ende") stand in einer SMS, die ein 28-jähriger Marokkaner am Dienstag um 9.08 Uhr abgeschickt hatte. Drei Minuten später sprengte sich der Belgier Khalid el Bakraoui in der Brüsseler Metro in die Luft. Sein Bruder Ibrahim war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Er hatte kurz nach 8 Uhr am Flughafen Brüssel-Zaventem seinen Sprengstoff gezündet.

Der Marokkaner wurde am Freitag im deutschen Gießen festgenommen. Sein Handy bot außer der erwähnten SMS offenbar noch andere Hinweise auf den Metro-Attentäter El Bakraoui. Eine Ausweiskontrolle hatte ergeben, dass der Verhaftete eine Einreisesperre für den Schengenraum habe. 2014 hatte er einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Vergeblich. Am 18. März – dem Tag von Salah Abdeslams Verhaftung – war der Mann im Spital, wegen einer nicht näher beschriebenen Verletzung.

Auch in Düsseldorf wurde am Donnerstag ein Mann festgenommen, der mutmaßlich aus dem Umfeld der Brüssel-Attentäter stammt: Laut Spiegel wird gegen den behördlich bekannten deutschen Salafisten Samir E. wegen "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" ermittelt. Die Staatsanwaltschaft bestätigte diese Ermittlungen, der Haftbefehl lautete aber auf Bandendiebstahl.

Er war vergangenen Sommer von den türkischen Behörden an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien aufgegriffen und verdächtigt worden, zum IS nach Syrien oder von dort zurückreisen zu wollen. Er sei mit Khalid Bakraoui unterwegs gewesen. Die beiden sind gemeinsam nach Amsterdam abgeschoben worden, wo sie ihre Reise begonnen hatten. Jetzt wird geprüft, ob sich die zwei Männer näher gekannt haben. "Wir haben keine belastbaren Anhaltspunkte, dass hier konkret irgendeine Tat beabsichtigt wurde", so ein Sprecher der deutschen Staatsanwaltschaft.

"Der Mann mit Hut"

Belgien bestätigte inzwischen, dass der zweite Selbstmordattentäter vom Brüsseler Flughafen wie bereits vermutet der 24-jährige Belgier Najim Laachraoui sei, das "Bombenhirn" der Gruppe. Außerdem ist ein gewisser Faisal C. der belgischen Polizei ins Netz gegangen. Es ging aus den Meldungen aber nicht klar hervor, ob er der gesuchte "Mann mit Hut" von den Airport-Überwachungsbildern oder jener Gesuchte ist, der mit Khalid el Bakraoui kurz vor dessen Selbstmordattentat in der U-Bahn gesehen worden war. Der Mann, dessen Name zunächst nicht bis an die Medien gelangte, sei schon länger unter Beobachtung, hieß es.

IS-Sprengstoff gefunden

Bei einer spektakulären Razzia im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek konnte ebenfalls ein Verdächtiger lebend festgenommen werden. Ihm hatten die schwer bewaffneten Polizisten bei einer Straßenbahnhaltestelle ins Bein geschossen. Der Mann hatte einen Rucksack bei sich, in dem explosives Material vermutet wurde. Als er, angeschossen auf dem Boden liegend, den Rucksack immer noch festhielt, näherte sich ihm ein Entminungsroboter, um das Gepäckstück sicherzustellen. Die Straße wurde abgesperrt, die Anrainer angehalten, in den Häusern zu bleiben.

Großangriffe auf Terrorzellen in Europa
Police use a robotic device as they take part in a search in the Brussels borough of Schaerbeek following Tuesday's bombings in Brussels, Belgium, March 25, 2016. REUTERS/Christian Hartmann

Die Verhaftung in Schaerbeek soll in Zusammenhang mit einer Razzia in dem Pariser Vorort Argenteuil vom Donnerstag stehen, wo ein Franzose festgenommen worden war. Sein Name: Reda K. Er war im Juli in Brüssel gemeinsam mit dem Belgier Abdelhamid Abaaoud – dem im November in Saint Denis getöteten Drahtzieher der Paris-Attentate – in Abwesenheit wegen Mitgliedschaft in einer Dschihadisten-Zelle schuldig gesprochen worden. Beide sollen Rekrutierungen für die Terrormiliz IS durchgeführt haben.

Reda K. soll ein Attentat in Frankreich geplant haben, das bereits in fortgeschrittenem Stadium" war. Ein Hinweis darauf dürfte eine große Menge des beim IS beliebten Sprengstoffs TATP sein, die in der Wohnung gefunden worden ist, sowie Handfeuerwaffen und Kalaschnikows.

US-Beistand

"Je suis Bruxellois" und "Ik ben Brussel", sagte US-Außenminister John Kerry am Freitag in Brüssel. Er traf Premierminister Charles Michel und sagte die Unterstützung der USA bei den Ermittlungen zu. Es seien auch zumindest zwei US-Bürger unter den Todesopfern, bestätigte der US-Außenminister. Die Identifizierung schreitet nur langsam voran. Nach aktuellen Meldungen sollen Todesopfer neben Belgien auch aus Frankreich, den Niederlanden, aus Deutschland und aus Peru kommen. Über österreichische Opfer wurde noch nichts bekannt.

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